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Vorsatzdepressionen

Weihnachten ist wieder vorbei. Wie schon gesagt, Zack, so schnell geht das. Heiligabend, Erster Feiertag, Zweiter Feiertag... Und jetzt? Alles richtet sich auf Silvester, auf das neue Jahr, auf 2011. Gibt es überhaupt komischere Tage im Jahr als die vom 27. bis zum 30. Dezember? Es ist eine Phase des Nichts. Die meisten haben frei, die Welt steht still. Sogar Politiker scheinen Weihnachten zu feiern, jedenfalls kommen keine aufregenden Nachrichten in die Presse. Gut, Assange schreibt jetzt endlich seine Biographie - aber doch nur, damit er seine Anwaltskosten bezahlen kann. So macht man das heutzutage. Das wird eine Millionenauflage, nur für diesen Nerd. Nerd im klassischen Sinne, Computerfreak. Dass sich unsere Gesellschaft mal hinter einen Nerd stellt, wie sie es jetzt tut ist in höchstem Maße erwähnenswert. 
Aber mal davon abgesehen? Nichts, es ist als stünde die Zeit still. Man wartet nur. Vom letzten Fest immer noch satt, wartet die Menschheit gebannt auf das neue Jahr. Denn dann wird ja alles besser. Jetzt kann man ja noch mal richtig fies sein, noch mal den Big Mac essen, noch mal die Nacht durchzocken, noch mal richtig die Birne zulaufen lassen. Die Vorsätze, die wir zumeist in dieser ominösen Woche entwickeln, sind ja nur Vorsätze für das nächste Jahr. Weit weg vom hier und jetzt. Also kann man es sich doch noch mal leisten, dieses eine Mal. Dass die Vorsätze zwar ab dem 4. Januar eh nicht mehr eingehalten werden weiß man zwar genau, aber auch das wird nochmal eben verdrängt. 
Wie kommt denn das mit den Vorsätzen? Wodurch entwickeln wir sie? Wir überlegen uns, was wir besser machen könnten. Weniger Fleisch, weniger Fast-Food, also gesündere Ernährung, mehr Sport, endlich Nichtraucher, mehr für die Schule/Uni tun, mal mehr als nur den Sportteil der Zeitung lesen... Es kommt einem doch bekannt vor, wenn man andere nach Vorsätzen fragt. Das Problem an den Vorsätzen ist, dass man darüber nachdenken muss. Entweder man guckt in die Bild der Frau oder ins ALDI-Prospekt und man weiß sofort, dass man mehr auf die Figur achten muss oder man geht in sich. Womit bin ich unzufrieden? Was gefällt mir nicht mehr? Was will ich ändern? Wie kann ich es ändern? Das sind unbequeme Fragen, die wir uns in diesen Tagen stellen sollten. Denn niemand wird ganz zufrieden sein, niemand ist ganz perfekt - abgesehen von KT - und daher werden sich die allermeisten zumindest insgeheim auch Vorsätze machen. Das ist allein deshalb schon unbequem, weil am Anfang eines Vorsatzes ein Eingeständnis steht. Zunächst muss man sich darüber klar werden, was nicht gefällt. Was schlecht ist, was man falsch macht. Und diese Fragen können mitunter zu bitteren Erkenntnissen führen. Doch lange hält der Schmerz über die eigenen Fehler nicht an. Denn dazu gibt es ja den Jahrewechsel, es ist eine Art Beichte. Alles, was wir beichten wollen packen wir in die Vorsätze. "Im nächsten Jahr will ich mal freundlicher zu meinen Angestellten sein", heißt so viel wie "Letztes Jahr war ich ein ganz schönes Arschloch als Chef." So wird der moderne Mensch seine Sünden los, nicht indem er sie heimlich dem Pfarrer durch die Gardine flüstert, sondern indem er sich zum Jahreswechsel einfach das Gegenteil vornimmt. Dann wird so lange gehofft, dass alles besser wird bis wieder diese Tage kommen, der nächste Jahreswechsel ansteht und man sich immer wieder das selbe vornimmt. Mit erstaunlich geringem Erfolg. Diese Art von Selbstbetrug ist allen hinlänglich bekannt und kurioserweise machen wir alle immer noch mit. 
Woher kommt eigentlich dieser Brauch sich Vorsätze zu machen? 

Ich werde das recherchieren und am Donnerstag, den 30. Dezember - an dem Tag erscheint auch der Jahresrückblick! - veröffentlichen. Jetzt kann ich das leider nicht tun, ich muss noch meine Vorsätze fertig kriegen. Ich schreibe sie auf Papier, ganz in den Anfang meines Kalenders und nächstes Jahr, wenn sich 20elf dem Ende neigt, dann werde ich kontrollieren können, was aus meinen Vorsätzen geworden ist. Eine leichte Vorahnung habe ich schon, was mein Ergebnis sein wird. Aber bis dahin ist ja noch ein bisschen Zeit. In diesem Sinne. 


her 

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