In der Medienlandschaft ist es ganz unterschiedlich, welchen Dingen viel und welchen wenig Bedeutung beigemessen wird. Wenn Rainer Langhans ins Dschungelcamp geht und die Medienmacher dies als Skandal betrachten, beherrscht dies die Schlagzeilen, im Übrigen durchaus auch von seriösen Magazinen. Davon kann man halten was man will, aber manches darf dabei einfach nicht untergehen. Viel zu wenig Beachtung hat nämlich ein Ende Dezember getroffenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts gefunden. Dieses wurde in einer Presseerklärung Anfang Januar 2011 Publik gemacht. Doch auch das Geringe was man hörte, konnte nicht zufrieden stellen.
Die genauen Umstände des Urteils sollen einmal dahinstehen. Im Vordergrund steht die Auseinandersetzung mit einem unserer Grundrechte, nämlich der Meinungsfreiheit. Jeder hat nämlich das Recht, seine Meinung in Wort und Schrift frei zu äußern, Artikel 5 Grundgesetz. Nun jeder wird mir zustimmen wenn ich sage, dass dieses Grundrecht von erheblicher Bedeutung ist. Schon vielfach habe ich in meinen Texten darauf hingewiesen, dass wir uns glücklicher schätzen sollten mit unseren Grundrechten. In Blick über den Tellerrand hinaus genügt schon, um festzustellen wie gut es uns in Deutschland geht. Fast jeder hat sich schon einmal in seinem Leben auf die Meinungsfreiheit berufen und sei es in einem privaten Disput, in dem der eigenen Ansicht Raum geschaffen werden sollte. Zur Betrachtung des Problems sollte jedem klar werden, dass Grundrechte grundsätzlich nicht ausnahmslos gelten. So fällt zum Beispiel nicht unter die Meinungsfreiheit, wenn man jemanden beleidigt. Sprich: "Du Arschloch", ist nicht von der Meinungsfreiheit umfasst, überraschenderweise.
Das Urteil setzte sich mit einem Rechtsextremen auseinander. Dieser arbeitete, wenn ich mich recht entsinne, als Verleger und veröffentlichte rechtsextreme Schriften. Verschiedene Gerichte hatten anschließend erklärt, dass ihm dies zu unterbinden sei. Begründung: rechtsextremes Gedankengut sei nicht von der Meinungsfreiheit umfasst. Das Bundesverfassungsgericht hat dem anschließend widersprochen: auch rechtsextremes Gedankengut ist (zumindest grundsätzlich) erstmal von Artikel 5 geschützt.
Das löst bei der Breite der Bevölkerung Unverständnis aus. Wieso sollte eine freiheitlich demokratische Grundordnung so etwas zulassen? Wo ist denn da der Sinn, dass unsere Demokratie diejenigen Meinungen akzeptieren solle, die sie zu zerstören vermögen?
Fast einhellig war die Meinung, dass das Urteil des Gerichts eine Farce sei, wie könne man denn so etwas tun? Einem Nazi recht geben? Einem Faschisten?
Das ist nicht nur richtig so, sondern auch notwendig. Es ist nämlich ein Teil der Philosophie unserer Demokratie besser zu sein, als alle anderen Systeme. Und gerade weil unsere Demokratie das beste ist was es gibt, hält sie auch vieles aus. Sie muss es aber auch aushalten. Unliebsame Meinungen wird man nicht dadurch los, dass man sie verbietet. Siehe China: Hier werden bestimmte Meinungen einfach verboten, mit dem Erfolg, dass die verbotenen Meinungen immer beliebter werden. Das ist schon das alte Spiel von pubertierenden Jugendlichen "Regeln sind da, um gebrochen zu werden." Freilich heißt das nicht, am besten wir schaffen alle Gesetze ab und schon gibt es keine Verbrecher mehr, das ist natürlich Unsinn. Aber Meinungen sind etwas anderes als Straftaten, sie sind Ausdruck der innersten Empfindung, ein wichtiger Teil unserer Persönlichkeit. Dass jeder Mensch die Möglichkeit haben soll dieser Empfindung Raum zu schaffen, ist von erheblicher Bedeutung. Unsere Demokratie ist stark genug mit Argumenten zu überzeugen. Das Grundgesetz als Waffe in der Hand hilft dabei. Zu sagen: "Gleiche Rechte für alle! - Ja, aber nicht für Rechte", ist deshalb ein Eingeständnis von Schwäche. Wer etwas verbieten muss, fürchtet sich. Die Bundesrepublik Deutschland aber muss sich nicht fürchten, sie braucht keine Angst zu haben vor der Bedrohung eines Rechtsextremen. Eine freiheitlich demokratische Grundordnung ist dafür geschaffen worden, dies einfach auszuhalten. Die Demokratie ist stärker, in der Argumentation das stärkste Argument das es gibt.
Wir brauchen weder Nazis, noch Rechtsextreme, noch Faschisten, noch die NPD/DVU, auch wenn das häufig alles dasselbe ist. Wir brauchen aber auch keine vorschnellen Verbote von allen anderen Meinungen als der eigenen. Vertrauen ist ein gutes Wort - Vertrauen in die Demokratie. Die Richter wissen schon, was sie tun.
her
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