Das Spiel zog sich schon in die Verlängerung. Nürnberg hatte überhaupt nur mit Glück die zusätzliche Spielzeit erreicht und dann kam es wie es kommen musste. Schalke macht das entscheidene Tor und zieht in das Halbfinale des DFB-Pokals ein. Torschütze: der 17-jährige Julian Draxler. Bis zu diesem Tage besuchte er das Gymnasium in Gladbeck in der elften Klasse. Denn damit ist jetzt Schluß. Auf Anraten seines Trainers Felix Magath: "Der braucht jetzt kein Abi mehr", beendete er vorzeitig seine Laufbahn als Schüler. Ist das vom üblichen Business auf Schalke abzuleiten? Hören die da alle mit der Schule auf, sobald sie ein Tor geschossen haben? Die Vermutung liegt nahe. So ist es doch geradezu grotesk, diesem Schüler seine Lebensgrundlage zu entziehen, die schulische Bildung. Es ist ein großes Problem unseres Landes, wenn Schüler ihrer Schulpflicht nicht nachkommen, wenn sie es von zu Hause nicht anders kennen, wenn die Schule als überflüssig erachtet wird. Viele kämpfen darum, einen Abschluss zu bekommen und sei es der Hauptschulabschluss. Und was macht Felix Magath? Er erklärt das Schulsystem kurzerhand für überflüssig. Wer Kohle hat, kann auch dumm bleiben, überspitzt gesagt. Ob dieser Junge schon Kohle hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich weiß nicht wie die Zahlungsoptionen beim FC Schalke für noch minderjährige Jugendliche ausgereift sind, ob diese auch schon das große Geld absahnen. Magath sieht den Jungen vermutlich schon im Bundesliga-Alltag zum neuen Star heranwachsen. Das Medieninteresse an dem Jungen jedenfalls ist immens. Fast jedes Blatt hat ein Portrait über ihn gebracht, fast jeder kennt ihn. Weil er ein Tor geschossen hat. Respekt.
Matthias Sammer hat sich in den letzten Wochen nicht mit Ruhm bekleckert. Seine Vertragsspelunken mit dem HSV waren einmalig blamabel. Für beide Seiten, aber Sammer hat sich definitiv nicht mit Ruhm bekleckert. Umso bemerkenswerter seine jüngste Sternstunde: Für mich der Aufsteiger der Woche. Nie wusste man so genau, was er überhaupt für eine Aufgabe hat, was der eigentlich den ganzen Tag so treibt. Heute weiß man es zwar immer noch nicht, aber dafür immerhin dass er einen gesunden Menschenverstand mit sich trägt. So kritisierte er den Draxlerschen Schulabbruch aufs Schärfste. Er verstehe nicht, wie Magath im raten könne das Abitur abzubrechen. Manch ein anderer schloß sich dieser Kritik an, so auch ich. Beim besten Willen leuchtet es mir nicht ein, wie ein Mann mit einem solch großen Erfahrungsschatz solcherlei Parolen von sich geben kann. Da geht es gar nicht um vereinsinterne Abneigung. Da geht es um das Prinzip Fußball. Das ist doch in der Bundesliga alles derart schnelllebig geworden, heute ist man der Held - morgen der Versager, oder umgekehrt. Es gibt so viele Beispiele, bei denen sich Karrierechancen völlig aufgelöst haben. Draxler braucht kein Abitur, weil er jetzt Profifußballer wird, will Magath uns verkaufen. Aber wer sichert den Draxler zu, dass er es wirklich nicht gebrauchen kann? Günter Netzer nannte es: "Es gibt keine Garantie auf eine Profikarriere". Wie wahr. Es kann doch gut sein, dass man sich mit einem Kreuzbandriss von der Bühne des Profifussballs auf ewig verabschiedet. Hat man einen schlechten Tag, wird man vielleicht auf die Bank aussortiert. Es geht alles so schnell, ein Blick nach Dortmund genügt, um zu sehen wie jung heute die Profis sind. Aber das entschuldigt doch nicht, die Schule abzubrechen. Wie soll er sich denn unterhalten, wenn das mit der Karriere doch nicht wird? Ist es dann nicht clever doch noch eine Basis zu haben, auf die man zurückgreifen kann? Ist es nicht sogar erforderlich, wenn man nicht gerade als Jugendtrainer im selben Verein arbeiten darf? Julian Draxler hat einen großen Fehler gemacht. Er hat sich von der Chance auf ein Abitur vor der Profikarriere getrennt. Dabei sollte es doch möglich sein, so etwas heutzutage nicht mehr auszuschließen. Auch Profifußballern muss in jungen Jahren die Möglichkeit gegeben werden, eine schulisch fundierte Basis zu erwerben. Ich jedenfalls möchte von Jungstars nicht solche Interviews wie von Kevin Kuranyi hören, der zu keinem einzigen geistreichen Satz in der Lage war. Bitte Felix Magath, nehmen Sie sich nicht Kevin Kuranyi zum Vorbild bei der Jugendarbeit, es gibt auch noch andere Größen im Sport.
her
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen