Qualitativ hochwertiger, investigativer Journalismus ist gar nicht rar in Deutschland. Mit der FAZ oder der Süddeutschen Zeitung nenne ich nur zwei der Bandbreite an informativen, umfangreichen und intelektuellen Tageszeitungen. Von Magazinen wie dem Spiegel oder Wochenzeitungen wie der Zeit ganz zu schweigen. Ein Abo einer dieser Zeitungen kostet für Studenten um die 20 Euro monatlich. Gemessen an all dem, wofür viel Geld aus dem Fenster geschmissen wird, eine günstige Freude. Trotzdem, der wohl größte Teil der Bevölkerung holt sich die "Bildung aus der BILD". Für früher 50, jetzt glaube ich 60 Cent am Tag, ein Schnäppchen, das immer drin zu sein scheint. Der Preis ist die größte Verlockung, die die Zeitung so mit sich bringt. Objektiv betrachtet, und doch man kann objektiv wirklich sagen, ist der Journalismus der Bild-Zeitung höchst populistisch. Sicher, es ist auch das Boulevard-Medium in Deutschland und unterscheidet sich gerade darin zu den Qualitätszeitungen. Obwohl die Redaktionen der Bild-Zeitung mit durchaus begabten Journalisten besetzt sind, ist es erstaunlich wie viel Mist dabei rauskommt. Und Mist ist da nicht nur einseitig zu verstehen. Mist kann auch Manipulation bedeuten. Denn die Bild hat die Masse in der Hand. Worüber die Bild schreibt, darüber spricht Deutschland. Das ist kein Kompliment an diese Zeitung, sondern eine bittere Feststellung. Mit einer Auflage von rund 3.000.000 Exemplaren am Tag ist es die meistverkaufte Zeitung in Deutschland. Zum Vergleich: die Süddeutsche hat in der Wochenendausgabe meist knapp 650.000.
Worin liegt der Reiz der Bild-Zeitung?
Das, was in der Bild steht, ist einfach. Das soll gar nicht abwertend gemeint sein, sondern die Formulierungen sind so gewählt, dass sie in allen Schichten des Intelligenz-Spektrums verstanden werden. Viele bunte Bildchen, ja auch die mit den nackten Frauen, erlösen auch ein wenig von der Last jedes Wort lesen zu müssen. Die Überschrift, ein dick gedrucktes Zitat, noch das Bild, und schon hat man verstanden worum es geht. Heraus kommt eine Portion Halbwissen. "Da war doch was mit...", heißt dann die Antwort. Ich habe Schwierigkeiten mir das Phänomen dieser Zeitung zu erklären, bin ich doch kein regelmäßiger Konsument dieses Blattes. Fest steht, dass der Preis auch einen wichtigen Aspekt aus macht. Wer zahlt schon am Kiosk 2,00€ für die SZ, wenn man für -,60€ schon die Bild bekommt? Die Bild beansprucht das Gehirn nicht, könnte man sagen. Die Informationen dieses Blattes sind derart gestrickt, dass es keiner großartigen Denkaktionen bedarf, um sie zu verstehen. Mal eben auf dem Klo in der Mittagspause mit der SZ als Lektüre hätte man schon so seine Schwierigkeiten. Lange Artikel, wenige Bilder, komplexe Sachverhalte. Da steht die Sache im Vordergrund, nicht die Auflage.
Warum auf die Bild verzichten?
Helmut Kohl war der Kanzler der Bild-Zeitung. Diese Zeitung hat jahrelang ihren Helmut Kohl hochgeschrieben, bis er irgendwann oben war. Mit Karl-Theodor zu Guttenberg sollte das ganz ähnlich laufen. Die Bild hat immer ihren KT bejubelt. Immer positives finden, das war die Devise. Gerade mit Blick auf die schwierigen Zeiten in Guttenbergs politischem Leben könnte man sagen, dass die Bild sogar ganze Arbeit leistet daran noch etwas Positives zu finden. Die Plagiats-Affäre von zu Guttenberg, die ihren Namen nicht verdient hat, ich sollte es lieber anders schreiben. Der Betrug von zu Guttenberg wurde in dieser Zeitung runtergespielt, zur Gänsefüßchen-Affäre deklassiert. Es wurde mit Umfrage-Ergebnissen getäuscht, dass man meinen könnte es käme vom Minister selbst. So haben in einer von der Bild-Zeitung in Auftrag gegebenen Umfrage von rund 150.000 Menschen ca. 80% dafür gestimmt sie stünden weiter hinter zu Guttenberg. Diese Umfrage von bild.de erschien in der Print-Version. Die bei 680.000 Menschen durchgeführte Umfrage, dass ca. 60% einen Rücktritt zu Guttenbergs bevorzugen würden, wurde verschwiegen und der Print-Version vorenthalten. Die Bild-Zeitung hat Guttenberg immer in Schutz genommen, mit Journalismus hatte dies schon nicht mehr viel zu tun. Guttenberg revanchiert sich beim Springer-Verlag. Er lässt das Bundesverteidigungsministerium eine Anzeigenkampagne für die (so überraschend nicht auftauchenden) freiwilligen Bundeswehrsoldaten schalten. Das an sich ist ja gar nicht verwerflich. Allerdings wird diese Anzeigenkampagne nur bei bild.de, der Bild-Zeitung selbst und der Bild am Sonntag erscheinen. Verschwörungstheoretiker sprechen hier schon von Vetternwirtschaft. Ich belasse es mal bei unglücklichen Umständen. Allein die Tatsache, dass sich ein Verlag vornehmen kann wer der nächste Kanzler werden soll und dann mit allen zur Verfügung stehenden Medien diesen Kanzler pushen will, ist beängstigend. Zum Springer-Verlag gehören ja nicht nur die Bild und die Welt, auch die SAT.1-PROSIEBEN-Media-Gruppe gehört zur Axel Springer AG. Die Macht dieses Konzerns ist so groß, dass er Politik bestimmen kann. Der Leser der Bild ist leicht manipulierbar. Weil er sich dieser Tatsache meistens gar nicht bewusst ist und sich um diese Tatsache gar nicht schert.
Wenn aber schon die Bild-Zeitung auf den Minister zu Guttenberg Einfluss hat, dann ist die Macht dieses Blattes deutlich zu hoch. Wem jetzt noch die Aussage dieses Textes fehlt, dem empfehle ich sich einfach mal eine vernünftige Tageszeitung zu zulegen. Von mir aus nur einmal. Aber bitte mit durchkämpfen. Das erste Mal kann hart werden. Aber mit Mut und Durchhaltevermögen rate ich jedem dazu die Bild-Zeitung hinter sich zu lassen und Vernünftiges zu lesen. Auch weil wir wieder mehr Menschen brauchen, die wissen wovon sie reden. Weil wir es uns nicht leisten können, unsere Bildung der Bild zu entnehmen. Für mehr geistige Kompetenz.
her
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