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Ein kunterbunter Malkasten

Die Landtagswahlen des vergangenen Sonntags bleiben das bestimmende politische Thema in Deutschland. Kein Wunder, denn die Wahlergebnisse sind einfach mal etwas anderes. Sie sorgen für Abwechslung in der sonst drögen Welt der Kabinettsbildungen. Rot-Grün / Schwarz-Gelb / große Koalition. Mehr sind wir ja gar nicht gewohnt. Gut, die älteren werden sich noch an Rot-Gelb erinnern, aber die Zeiten sind seit Westerwelle ein für alle Mal beendigt. Und Schwarz-Grün? Ein Hirngespinst! Pffff... Diese Dagegen-Partei! Das waren die Worte einer Kanzlerin, deren Laufzeit wohl auch nicht mehr verlängert werden dürfte. Einer Kanzlerin, die sprunghafter geworden ist, als manch ein Toaster. Im Herbst 2010 erklärt sie noch, dass man die AKW nur so lange wie nötig am Netz lassen würde. Im März 2011 erklärt sie, dass es doch nicht mehr so nötig sei, die AKW am Netz zu lassen. Man konnte schließlich sieben Meiler sofort abschalten, ohne dass der Strom in Deutschland knapp wurde. Dieses sonderbare Verhalten von Angela Merkel wird häufig als "radikaler Kursschwenk" oder "Wende in der Atompolitik" bezeichnet. Betrachtet man allerdings die Aussagen im Herbst 2010 genauer, lassen sie nur einen Schluss zu: Die Bundeskanzlerin hat uns, das Volk, angelogen.  Und das schlimmste daran ist, dass wir inzwischen gewohnt sind angelogen zu werden. Man kann sich gar nicht mehr darüber echauffieren, weil Lügen zur Alltäglichkeit geworden sind. 

Angela Merkel widerspricht sich in diesen Tagen gleich mehrfach. Nicht nur die Äußerung zur Atomenergie lassen Zweifel an ihrer Seriösität aufkommen, auch ihr Verhältnis zu den Grünen scheint sich über Nacht geändert zu haben. Titulierte sie schwarz-grüne Koalitionen letztlich erst noch als "Hirngespinste" und verunglimpfte die ganze Union die Grünen als die "Dagegen-Partei" (Mein Block: "Gegen die Dagegen-Partei"), baggert Merkel jetzt wieder nach den Grünen. Es sei nur einmal an das Video erinnert, das bei YouTube aufgetaucht ist (http://www.youtube.com/watch?v=zqeELWlI3Jw): ein Wahlwerbespot der CSU, indem sie alle Grünen in primitivster Art und Weise beleidigen. Für die Union scheinen sich die Grünen vom Saulus zum Paulus gewandelt zu haben. Waren sie gestern noch der politische Gegner, den es zu bekämpfen galt, sind die Grünen heute die letzte Rettung für die Union. Die FDP befindet sich in einer Lage, die Mathematiker nicht mal mehr Tiefpunkt nennen würden. Nach einem Tiefpunkt kommt nämlich wieder Steigung, da Westerwelle bleibt, folgt bei der FDP auf Abfall, Abfall. Die CDU hat sich auf den Koalitionspartner FDP fixiert, es ist doch immer ganz selbstverständlich, dass Schwarze und Gelbe zur Biene-Maja-Koalition werden mussten. Doch wie soll das noch gehen mit einer FDP, die in allen Teilen Deutschlands an der 5%-Hürde scheitern könnte? Gar nicht. CDU und CSU könnten noch so gute Ergebnisse einfahren, ohne Koalitionspartner mit mäßigen Ergebnissen nützt das alles nichts. Siehe Baden-Württemberg. Angela Merkel hat den Wunsch zur Machterhaltung entwickelt. Sie will den Job der Bundeskanzlerin wohl auch nach der Wahl 2013 weiter ausüben. Nur so ist es zu erklären, dass es die einstigen Widersprüche zwischen den Parteien aus Unions-Sicht gar nicht mehr so deutlich gibt. In der Atomfrage ist man ja eh jetzt überall einer Meinung und der Rest? Ach ja, den kriegt man auch schon irgendwie hin. Armselig. 
 
Wie immer könnte der große Verlierer die SPD sein. Denn wo bleibt in dem Farbenspiel der rote Klecks? Schwarze und Grüne, das könnte passen, meinen viele. Die Koalition der Konservativen. Was ist schon konservativer, als die Natur möglichst unbehandelt lassen zu wollen? Was ist konservativer, als gegen Fortschritt zu sein? Nicht viel. Union und Grüne sind auf zwei verschiedene Arten konservativ, die Zeit bis beide das erkennen wird nicht mehr so lang sein. Was also, wenn sich die Grünen der Union zuwenden? Zur dunklen Seite der Macht? Dann steht die SPD doof da. Völlig alleine, ohne Klientel, ohne Personal, ohne Ziele. Die SPD ist gegen nichts und für nichts, so hat man den Eindruck. Die Grünen sind wenigstens noch gegen etwas. Gegen Atomenergie und gegen Stuttgart 21. 
Die SPD hat einiges wofür sie einsteht, mehr noch als viele andere Parteien. Das Problem ist nicht, dass es keine Ziele gibt, sondern dass diese Ziele niemand kennt. Die Partei hat ein grandioses Kommunikationsproblem, um das sich niemand zu kümmern scheint. Sozialdemokraten sind auch gegen Atomenergie, das ist doch nichts neues. Aber sie profitieren nicht, von der Anti-Atomstimmung im Land. Das kann nur an mangelnder und schlechter Kommunikation liegen. 
 
Die einzige Hoffnung, die die SPD noch haben kann ist, dass sie Debatten um Atomenergie und Stuttgart 21 bis 2013 - der Bundestagswahl - gelegt haben. Dass dann wieder Themen der SPD im Vordergrund stehen. Oder, dass die Grünen im Stuttgarter Landtag ihre Regierungsunfähigkeit beweisen. Aber da sitzen die Roten ja jetzt mit im Boot. Pacta sunt servanda - Verträge müssen eingehalten werden, lernt der Jurist früh im Studium. Das wird auch für Stuttgart 21 gelten. Nur weil der Ministerpräsident grün ist, wird diese Regel nicht außer Kraft gesetzt. Wie die Grünen dieses großartige Wahlversprechen, den Stopp von Stuttgart 21, schaffen wollen, wird ihr großes Geheimnis bleiben. Spätestens bis auch die grünen Wähler verprellt worden sind, wenn sie auf die Wirklichkeit treffen. Eine unschöne Erfahrung. Dann heißt es doch wieder auf Bäume klettern und mit Kastanien schmeißen. 
 
 
her 
 
 

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