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Sozialdemokratischer Weckruf

Und schon liegt es wie eine immer wiederkehrende Kaufhausansage im Ohr. Was? Ja alles irgendwie. Der historische Wahlsonntag, die Wende, Wechsel zwischen Koch und Kellner, Zäsur, Zeitenwende, Abstimmung gegen Atomkraft, die schrecklichen Ereignisse von Fukushima... Das ewig gleiche Blabla. Alle Politiker, und hier muss die Verallgemeinerung mal sein, reden seit Sonntagabend 18 Uhr den selben Blödsinn. FDP und CDU machen die Atomkatastrophe von Japan für ihr schlechtes Wahlergebnis verantwortlich, die Grünen müssen sich dasselbe Argument gefallen lassen, nur auf einen positiven Ausgang. Wären die Wahlen zehn Wochen vorher oder zehn Wochen später gewesen, hätte alles anders ausgesehen. Mag sein, aber wen genau interessiert das? Wir leben in einer parlamentarischen Demokratie. Wahlen finden in regelmäßigen Abständen statt und auch ein Politiker kann sich deren Zeitpunkt nicht nach Lust und Laune legen. Wenn nach einer atomaren Katastrophe die Ängste der Menschen verändert sind, dann ist das nun mal so. Dann ist es die Aufgabe der Politik diese Angst zu bekämpfen. Und sich nicht darüber zu beschweren, dass doch alles so schwer ist, seit Japan. 
Die Gewinner des Wahlabends sind die Grünen, ja. Die Frage ist so leicht geklärt, wie wohl keine andere. Wer sind die Verlierer? Und was bedeutet überhaupt gewinnen und verlieren
Letzten Endes sind die Verlierer und Gewinner doch alle nur Repräsentanten des Volkes. Wer vom Souverän, dem Volk, gewählt wird - und sei es in noch so geringer Menge - dann verliert er dadurch nichts, sondern gewinnt alles. Wenn Politiker von Gewinnern und Verlieren sprechen, dann meinen sie die Macht. Wer die Macht hat, ist der Sieger. Die Grünen sind also die Gewinner. Nicht nur, weil sie in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten stellen, sondern weil sie in Rheinland-Pfalz in einer schönen Lage sind. Dort können sie sich nämlich entscheiden, wen sie als Koalitionspartner haben möchten. Für eine Demokratie eigentlich eine unbefriedigende Situation - wieso kann der kleinste bestimmen, wer regiert? Ein Unding. Die FDP ist einer der Verlierer. Sie sind in Rheinland-Pfalz aus dem Landtag geflogen und in Baden-Württemberg nur sehr knapp eingezogen. Die CDU ist auch Verlierer, weil sie in Baden-Württemberg in die Opposition muss - trotz 39% der Wählerstimmen. 

Alle reden über Schwarz, Gelb oder Grün. Wer redet über Rot? Die SPD ist der vielleicht größte Verlierer. Denn für ihre Schwäche, für ihre schlechten Ergebnisse gibt es nicht so einfache Erklärungen wie Fukushima oder Stuttgart 21. Es gibt keine 0815-Argumente dafür, dass es nicht läuft in der SPD. Dafür, dass die Wähler auf die SPD anscheinend immer mehr verzichten können. Klar, diejenigen mit den Scheuklappen werden sagen, aber wir regieren doch überall. In Sachsen-Anhalt, in Hamburg, in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz. Natürlich regiert die SPD da. Aber wie? Und mit wem? Und warum? Kurt Beck hat fast 10% der Stimmen verloren. Wer wird hier von einem Sieg sprechen? Die Zeit ist reif, dass die Sozialdemokraten erkennen, dass es immer enger wird. Sie müssen endlich etwas tun. Sich wirklich erneuern und nicht jede Woche ein neues Konzept ankündigen. Ankündigungen bringen nichts. Die SPD muss sagen, was sie will. Was sie von anderen unterscheidet, was sie vor allem von den Grünen unterscheidet. Sie muss klar machen, dass sie die Schlechtwetterpartei ist und dass die Grünen die Schönwetterpartei darstellen. Die SPD steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit, für Chancengleichheit. Das sind die richtigen Werte, das sind gute Werte. Wieso ist das Personal der SPD nicht in der Lage, dem Volk diese Werte hinreichend darzustellen? Die SPD ist nicht mehr in der Regierung, sie ist in der Opposition. Sigmar Gabriel hält sein Fähnchen nach dem Wind. Wie ist die Stimmung? So ist seine Meinung. Das ist doch kein Politiker, das ist ein fader Opportunist. Die SPD hat einen Vorsitzenden verdient, der die SPD führen will und nicht sich selbst. Die SPD braucht unverbrauchte junge neue Köpfe. Sie hat vor allem altes, klebriges Personal, das immer mit uralten Problemen in Verbindung gebracht wird. Damit die SPD nicht ausstirbt, damit sozialdemokratische Ziele nicht aussterben muss sie sich tatsächlich erneuern und keine Erneuerung ankündigen. Sie muss verstärkt junge Leute für Politik begeistern und sie davon überzeugen, dass die SPD die richtigen Ziele verfolgt. Sie muss die jungen Leute dann auch vernünftig in die Partei einbinden, nicht links liegen lassen. Sie muss ihnen Perspektiven aufgeben, sie mitbestimmen lassen. Es reicht nicht junge Leute zu Jugendorganisationen abzuschieben. Sie müssen auch in die SPD eingebunden werden. 

Die heutige SPD schläft. Niemand hatte den Mut die Niederlage auszusprechen. Niemand geht auf Ursachenforschung. Immer guckt die SPD auf die anderen. Schadenfreude über die FDP macht sich nicht gut, wenn man selbst kurz vor dem Kollaps steht. Wo sind die Sozialdemokraten, die ihre Stimme erheben? Die kritisch sagen, was sich ändern muss, die einfach Dinge ändern? Sie fehlen dieser Partei...


her  

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