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Mein privater Hilfeschrei

Hätte man mich vor zwei, drei Wochen gefragt wovor ich mich am meisten fürchte, so wäre meine Antwort Atomkraft gewesen. Es ist schade, dass mir, wie vielen anderen seit der japanischen Katastrophe diese Antwort nicht mehr abgenommen wird. Ich bin nicht stolz darauf Angst vor atomarer Strahlung zu haben. Die Beteuerungen, dass ich schon immer Gegner von Atomkraft war, sind nicht zur Beruhigung meines Gewissens. Aber sie sind notwendig, um denjenigen entgegen zu treten, die solche Gedanken bestreiten. Atomgegner würden die Katastrophe von Japan nur ausnutzen, für ihre politischen Ziele, heißt es. Guido Westerwelle ist so ein Mensch. Politik machen, auf dem Rücken der Opfer von Japan, wäre das. Dagegen wehrt er sich. Die böse Opposition hat ja überhaupt keine Moral, wie kann sie nur Atomkraft kritisieren, nach einer solchen Katastrophe. 

Ein kurioser, geradezu grotesker Gedankengang, den Westerwelle und einige andere Regierungsmitglieder öffentlich gemacht haben. Wozu ist Politik denn da? Sie soll doch auf Geschehenisse reagieren. Was wäre, wenn sie es nicht täte? Richtig, es würde heißen die Politiker sind so weit weg von den Ängsten und Nöten der Menschen. Das was in Japan passiert ist, muss ich nicht noch mal als Katastrophe und furchtbar bezeichnen. Wie schrecklich dieses Unglück vor allem für die Japaner, aber auch für den Rest der Welt ist, sollte jedermann offensichtlich sein. Aber es darf beim besten Willen nicht als Stimmungsmache abgetan werden, wenn man sich jetzt noch mehr als zuvor gegen Atomkraft stark macht. 
Wir dürfen nicht mehr zögern. Das, was die Bundeskanzlerin gestern beschlossen hat, reicht einfach nicht. Ein Moratorium zu veranstalten bringt doch nichts. Die Regierung will drei Monate abwarten, alle Atomkraftwerke in der Zeit auf ihre Sicherheit überprüfen und dann mal sehen. Mal sehen, ob sie die Laufzeitenverlängerung doch noch durchdrücken kann. Das Kabniett hat die Verlängerung für diese drei Monate erst einmal verschoben. Die Frau Bundeskanzlerin hat in ihrem Amtseid geschworen, sie wolle Schaden vom Deutschen Volke abwenden. Daran sei an dieser Stelle aus gegebenem Anlass erinnert. In Japan spielt sich seit Tschernobyl die schlimmste Atomkatastrophe der Menschheit ab. Und es bedarf dieses schreckliche Ereignis, damit unsere Regierung erstmal unsere Atomkraftwerke überprüft? Die sind doch wohl heute nicht sicherer, als vor dem Unglück oder rechne ich da falsch? Wenn sich jetzt bei der Überprüfung herausstellt, dass es Sicherheitslücken gibt, so mache ich mir größte Sorgen. Welche Menschen bekommen in unserem Land Verantwortung, die Unsicherheit mit wirtschaftlichem Wachstum rechtfertigen können? 

Der Satz "Wir haben nur eine Erde", mag für manche ein Relikt aus Kindertagen sein, den es sich zu vergessen lohnt. Dieser Satz enthält aber einen Appell an uns Menschen mit dieser unseren gemeinsamen Welt verantwortungsvoll umzugehen. Atomenergie ist verantwortungslos. Das wussten wir vor 25 Jahren, vor einer Woche und jetzt wissen wir es wieder unmittelbar. Atomenergie ist keine Brückentechnologie, es ist eine Abgrundtechnologie. Nichts ist für den Menschen unbeherrschbarer als atomarer Müll, als atomare Strahlung, ja, als Kernenergie insgesamt. Ein viertel Jahrhundert nach der Katastrophe von Tschernobyl sind wir immer noch nicht schlauer. Noch im Jahre 2011 verkauft uns unser Bundesumweltministerchen Röttgen Atomenergie als Brücke. Sind wir es nicht, die im Land der Erfindungsgeister leben? Der schlausten Köpfe? 
Wir brauchen keine Atomkraft mehr. Jede Sekunde länger mit den AKW am Netz ist eine Sekunde der großen Gefährdung zu viel. Feuer können wir löschen, gegen Hochwasser bauen wir Dämme, für Erdbeben entwickeln wir Frühwarnsysteme, bei Lawinen haben wir Suchgeräte. Wir Menschen finden auf alles eine Lösung, wir haben immer eine Antwort. Für Atomkraft haben wir keine Lösung, keine Antwort. Niemand weiß wohin mit dem Müll, keiner sagt wie wir sonst Energie erstellen können. Ist das nicht schon Ausdruck genug für die Gefährlichkeit dieser Technologie? Jeder Haushalt sollte 20 % seines Energiebedarfes einsparen, wenn das dazu beiträgt, dass wir keine Atomenergie mehr brauchen. Ein kleines Opfer eines jeden Bürgers um für die Sicherheit im Land zu sorgen. 


Ich habe Angst vor Strahlung, vor Atomkraft. Letzte Woche, wie heute. Es gibt kein wirtschaftliches, kein rationales Argument, das mich überzeugen könnte. Von dem für uns Menschen gefährlichsten Weg gibt es nur einen Ausweg: den Atomausstieg. Und zwar jetzt, sofort. Mit der Atomkraft haben wir Menschen unser eigenes Grab geschauffelt. Wenn es nicht schon zu spät ist, sollten wir wenigstens jetzt aufhören weiter zu buddeln. 


her 

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