Seiten

Profilneurose oder Verantwortungsbewusstsein?

Hannelore Kraft hat es in keinem Fall gefallen. Für sie war der vergangene Dienstag ein harter Tag. Vielleicht sogar der härteste in ihrer noch kurzen Amtszeit. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster hat sie geschockt. Der Nachtragshaushalt für das Jahr 2010 ist verfassungswidrig. Ein in der Geschichte der Bundesrepublik bisher einmaliger Vorgang. Nie zuvor hat ein Gericht einen Haushalt für verfassungswidrig erklärt. 
Der Haushalt ist so etwas wie das Königsrecht des Parlaments. Das Parlament beschließt zusammen ein Gesetz, das regelt wie viel die Regierung einnimmt und ausgeben darf. Dieses Gesetz nennt sich dann einfach "der Haushalt". Und weil der Opposition im Düsseldorfer Landtag das Gesetz nicht gefallen hat, das die Mehrheit des Parlamentes beschlossen hat, haben sie geklagt. So macht man das wohl offensichtlich neuerdings. Statt politischen Waffen, nimmt man jetzt juristische. Ein ganz feiner Winkelzug. Dieses Gericht, das Abgeordnete von CDU und FDP angerufen haben ist der Verfassungsgerichtshof unseres Bundeslandes. Aufgabe des Gerichts ist die Kontrolle der Wahrung der Verfassung. Sprich der Landesverfassung. Hält der Staat sich an die Verfassung oder nicht? Das sind die Fragen, die es in Münster zu klären gilt. 

Jetzt hat die Regierung in Nordrhein-Westfalen mehr ausgegeben, als sie eingenommen hat. Für die Privatperson bedeutet das im Zweifel nichts Gutes, aber für eine Regierung? Hannelore Kraft hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt, sie arbeitet hart dafür ihre Versprechen aus dem Wahlkampf einzulösen. Thema Studiengebühren: die sind jetzt abgeschafft, aber eine solche Maßnahme kostet auch Geld. Man kann keine politischen Heldenleistungen erwarten, dann aber sagen "Ne, also Geld kosten darf das aber nicht." Die CDU-Landesregierung habe so gut gewirtschaftet, sagte der CDU Fraktionschef Laumann. Natürlich, die Rechnung ist einfach. Wer nichts tut, macht nicht nur nichts verkehrt, er gibt auch kein Geld für irgendetwas aus. Jürgen Rüttgers hat fünf Jahre lang kein Geld ausgegeben und sich hinterher "dafür feiern lassen", dass er so toll gewirtschaftet hat. Aber so blöd sind wir Wähler nicht. Wir haben gemerkt, dass Rüttgers außer Nazi-Witzen wenig drauf hat. Also haben wir Hannelore Kraft unser Vertrauen geschenkt. Die macht es jetzt besser, sie macht nämlich was. 

Doch die Frage, die sich stellt ist was die Richter mit ihrem Urteil ausdrücken wollten. Wollten sie sich mal wieder ein bisschen profilieren oder handelten sie aus reiner Fürsorge für unser Bundesland? Das Haushaltsgesetz ist Politik pur. Und die Richter sind eigentlich mehr für das Rechtliche zuständig. Nicht, dass das häufig dasselbe wäre. Aber Richter sollten keine Politiker sein, die im Zweifel alles besser wissen. Richter können keine Politik machen, weil sie gelinde gesagt davon einfach keine Ahnung haben. Sie kennen die Gesetze, die Verfassung und juristische Feinheiten, aber von Wirtschaft, von der Ökonomie unseres Bundeslandes haben sie auch Ahnung? Der Rechtsstreit stellte eher die Politik unserer Regierung vor Gericht und das darf nicht sein. Es sollte eher nicht so sein, dass die Richter, die ihr hohes Ansehen vor allem durch Zurückhaltung erlangt haben, sich nun bei politischen Entscheidungen in den Vordergrund drängen. Sie haben es aber trotzdem getan. Die Auswirkungen der Geschichte werden gering sein. Wir Wähler sind clever genug, um zu verstehen, dass Hannelore Krafts Arbeit dadurch nicht schlechter wird. Sie muss ihr handeln allerdings jetzt nicht mehr nur vor der Opposition und dem Volk rechtfertigen, sondern auch vor Gericht. Die CDU-Fraktion scheint Gefallen daran gefunden zu haben gegen Gesetze zu klagen. Den nächsten Haushalt wollen sie wieder nach Münster schicken. Eine kuriose Sache. Haben sie im Parlament wenig Einfluss, wollen sie jetzt alles über das juristische Terrain regeln. Eine Milchmädchenrechnung. Sie sollten lieber rationale Argumente finden, warum das was unsere Ministerpräsidentin macht schlecht ist. Und die werden sie nicht finden. Also müssen sie wohl weiter klagen. Bis einer weint. Oder bis wir neu wählen müssen. 


her     

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen