Am vergangenen Donnerstag war der erste gesamtheitliche, bundesdeutsche "Boysday". Ein Tag, an dem Jungen, die in der Berufsentwicklungsphase sind, sich vorwiegend mit sozialen Berufen auseinander setzen sollen. Hineinschnuppern in eher frauentypische Berufe, das sollen die Teilnehmer des Boysday. Das Konzept kommt uns nicht so richtig unbekannt vor: man denke nur an den Girlsday. Ein Tag, an dem Mädchen in eher maskulin besetzte Berufe, sprich Ingenieurberufe oder technische Jobs Einblick gewinnen können und sollen. Den Girlsday gibt es seit 2001, den Boysday seit 2011. Es sind zehn Jahre in der Entwicklung vergangen, seit dem man sich entschließen konnte, nun auch die Jungen mit ins Boot zu holen.
Wichtig zu wissen ist dabei, dass Träger des Girlsday unter anderem drei Bundesministerien sind. Das klingt so toll für Politiker: "Wir kümmern uns um die Mädchen. Wir zeigen ihnen was sie machen können. Wir geben ihnen Einblick in ihre Zukunft. Wir lassen sie testen, was sie wollen. Das ist schließlich Emanzipation, das Frauen auch männertypische Berufe ausüben können." Ja, es ist immer nur Emanzipation, wenn Frauen etwas männliches tun können, dürfen oder wollen. Wenn Männer etwas frauliches tun wollen, dann wird das selten als Emanzipation, sondern als "Schwuchtelei" abgetan. Wieso sind wir eigentlich in unserer Gesellschaft der Ansicht, dass Mädchen gegenüber Jungen benachteiligt werden? Und ja, ich meine diese Frage vollkommen ernst. Bitte, wer schreibt denn unentwegt die besseren Noten in der Schule? Wer ist beliebter bei den Lehrern? Wer wird bei gleicher Qualifikation, übrigens wie Schwerbehinderte, bevorzugt eingestellt? Wer wird auch im Staatsexamen oder bei sonstigen universitären Arbeiten besser bewertet? Wer macht das bessere Abitur?
Mädchen.
Und das erste, was unserer Gesellschaft eingefallen ist, ist ein Tag an dem Mädchen die Berufe kennenlernen sollen, die vorwiegend von Männern ausgeübt werden. Ist das nicht kurios? In unserem Emanzipations-Wahn wurden Mädchen so lange gefördert und bevorzugt, dass Jungen benachteiligt werden. Es waren die Jungen, die zum Beispiel auf einen Boysday verzichten mussten und sich selbst damit auseinander setzten, was sie für Berufe ergreifen. Es ist doch wohl mehr als einseitig gedacht, wenn man glaubt dass Problem löse sich, wenn man nur eine Seite bekämpft. Und überhaupt: Was soll denn diese ständige Unterscheideritis? Können wir nicht einfach einen Tag einrichten, an dem Mädchen und Jungen sich gemeinschaftlich für Berufe interessieren sollen? An dem sie mit ihren Lehrern zu Universitäten, zu Firmen, zu Freiberuflern gehen und sich informieren? Mal die Augen auf machen, aber unabhängig vom Geschlecht? Wie soll denn wahre Gleichberechtigung gehen, wenn man auf ewig Unterschiede herbeisehnt? All das befeuert doch lediglich die Diskussionen um männer- und frauentypische Berufe. Es wird eine Frauenquote für Vorstandsposten in DAX-Unternehmen gefordert. Wer fordert die Männerquote für Erzieher in Kindertagesstätten? Gleichberechtigung wird nicht durch Ungleichberechtigung hergestellt, das sage ich gerne wieder. Nur wer gleiches gleich behandelt, erhält auch gleiches. Aber wer gleiches ungleich behandelt und sich beschwert, dass es ungleich ist, der braucht sich über das Ergebnis nicht wundern.
Es ist eine Schande, dass es zehn Jahre gedauert hat, bis man einen Boysday ins Leben rief. Das grenzt nicht an Diskriminierung, es ist eben diese. Wer immer noch kühn die Thesen vertritt Mädchen würden in der Schule benachteiligt und hätten es schwerer einen Job zu finden, der ist nicht mehr zeitgemäß. Wir leben im Jahr 2011, die Zeiten haben sich gewandelt. Es ist jetzt nicht an der Zeit eine männliche Emanzipationswelle mit einem männlichen Alice Schwarzer zu starten, sondern es ist Zeit die Bevorzugung von Mädchen zu beendigen, um ein Gleichgewicht herzustellen. Um endlich einmal zur Gleichberechtigung zu kommen, die immer nur daher geredet wird. Natürlich ist es Fakt, dass mehr Männer in Vorstandsposten sitzen als Frauen. Aber wenn wir jetzt nur noch Frauen in Vorstandsposten schickten, würden sich in zehn bis 15 Jahren die Männer beschweren. Um diese unzyklischen Bewegungen endlich zu stoppen, müssen diese Entwicklungen der Gesellschaft selbst überlassen werden. Und diese ist weiter, als sich mancher Politiker vorstellen kann. Das Thema der Emanzipation kann nicht mit den gleichen Argumenten wie vor 30 Jahren behandelt werden. Wir sind weiter. Auf einen gemeinsamen Zukunftstag für Mädchen und Jungen.
her
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