Seiten

Erfolg für die Gerechtigkeit?

Gestern morgen erfuhr ich es im Radio. Osama bin Laden sei tot, hieß es dort. Von amerikanischen Elitesoldaten wurde er in der Nacht erschossen. In Hubschraubern sind sie gekommen, wurden zunächst beschossen, konnten aber schließlich ihr Ziel noch erreichen. Die Tötung des Staatsfeindes Nummer eins der USA, den Chef der Terrororganisation Al Qaida. Der befand sich im Übrigen dort, wo die amerikanischen Nachrichtendienste es schon längst vermutet haben, in Pakistan. Nur nicht in irgendeiner vereinsamten Höhle, sondern mitten in einem der reichsten Orte Pakistans, Abottabad - schön, luxuriös und sicher. Nicht sicher genug, aber sicher. 
Doch die Aktion der Amerikaner hinterlässt, zumindest bei mir, auch deutliche Fragen. 

Uns unterscheidet vor allem von Terroristen, dass wir den Feind, den Unliebsamen, nicht einfach töten. Als demokratische Menschen ist es uns fremd, oder sollte es uns fremd sein, Menschen einfach zu töten. Auf der Basis unserer Grundrechte, unserer Verfassung und den allgemein anerkannten Menschenrechten, hat jeder Mensch das Recht auf Leben. Auch der Massenmörder, Schwerverbrecher und Terrorist. Es ist unsere Pflicht uns mit unseren Werten und Idealen, von denen unserer Gegner abzugrenzen. Wir machen keine Jagd auf Menschen, um denjenigen dann am Ende wie Freiwild zu erledigen. Die Todesstrafe ist abgeschafft, daran ändert keine noch so grauselige Tat, keine noch so feindseligen Gedanken etwas. Wie kann die amerikanische Regierung es mit dem Völkerrecht vereinbaren auf fremdem Staatsgebiet einzumarschieren, mehrere Menschen zu töten und danach wieder abzufliegen? Sollte sie nicht über dem Spruch aus der Bibel: Auge um Auge, Zahn um Zahn stehen? Darf man nicht wenigstens mal die kritische Stimme erheben, in all dem Jubel um bin Ladens Tod? 

Aus aller Welt kamen absonderliche Glückwünsche an die Amerikaner. Auch die Bundeskanzlerin gratulierte. Zu einem Blutbad? Dazu, dass Obama, der Friedensnobelpreisträger, den Auftrag gab mehrere Menschen zu erschießen? Es ist nicht nur leicht irritierend, was die Kanzlerin da von sich gegeben hat. Sicher darf man, aus Überzeugung oder warum auch immer, über den Tod von bin Laden erfreut sein. Ich habe da auch nichts gegen. An und für sich. Aber wäre es nicht moralisch geboten gewesen, diesen Mann einem Gericht zu überlassen? Hätte man nicht über ihn urteilen müssen, wie über jeden anderen? Kann man es verantworten sich über Guantanamo aufzuregen, aber die Erschießung von bin Laden zu begrüßen? Die amerikanische Regierung hätte zumindest so tun können, als hätten sie versucht das ganze in einen rechtlichen Rahmen zu betonieren. Aber noch nicht einmal die pakistanische Regierung wusste von der Operation. Völkerrechtlich eine Katastrophe. 

Innenminister Friedrich von der CSU spricht von einem "großen Erfolg für die Freiheit und die Gerechtigkeit". Warum habe ich ein Problem damit, wenn einer der höchsten deutschen Beamten einen solchen Satz sagt? Würden wir solche Leute auch einfach erschießen? Einfach aus dem Weg schaffen? Die Menschenrechte verletzen? 


Vielleicht mag all das geboten gewesen sein. Vielleicht war bin Laden zu gefährlich, um am Leben gelassen zu werden. Vielleicht war bin Laden aber auch ein alter, kranker Mann, der seit zehn Jahren kaum etwas anderes getan hat, als sich vor amerikanischen Geheimdiensten zu verstecken.  Und es ist auf jeden Fall auch richtig, dass man mahnen muss damit die amerikanische Regierung nicht zu den gleichen Mitteln wie ihre ärgsten Gegner greifen. Zu feiger und brutaler Gewalt aus dem Hinterhalt. 



her     

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen