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Wir Nationalisten

Der Normalzustand in der Bundesrepublik ist zweifellos ein anderer. "Ich bin Deutscher." - Darf man sowas überhaupt sagen? In dem Land, das so viel Unheil im zweiten Weltkrieg angerichtet hat? Wäre es nicht angemessener sich ob seiner Nationalität zu schämen, sich zu verstecken und niemals offenkundig zu seinem Heimatland zu stehen? Ja, wir Deutsche haben ein Problem mit unserer Nationalität. Und, wir haben noch ein größeres Problem damit uns gegenüber Ausländern als Deutsche darzustellen. Das sieht man im Normalfall an 364 Tagen im Jahr. Es gibt nur zwei Ausnahmen: Entweder es ist gerade Fußball-Weltmeisterschaft oder in deutlich abgeschwächter Form Eurovision Song Contest. 

In solchen Ausnahmezeiten darf man das mal: Deutscher sein. Beim Eurovision Song Contest kann man sich mal eine schwarz-rot-goldene Fahne umhängen oder sich die deutsche Flagge auf die Wange malen lassen. Man darf sich mal als Deutscher outen. In Scharen strömen sie durch Düsseldorf, die Deutsch-Verkleideten. Sie jubeln, schwenken Mini-Fähnchen, trinken unendlich viel Bier und regen sich über diejenigen auf, die nicht mitlachen, die nicht sofort anfangen mitzugröhlen, nur weil Eurovision Song Contest ist. Ist das nicht unendlich peinlich? 

Ich bin stolz Deutscher zu sein, ich habe kein Problem mit meinem Nationalgefühl. Und ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage: mit dem zweiten Weltkrieg hatte ich nichts zu tun. Da war ich noch lange nicht geboren. Es ist mir eine Ehre deutscher Staatsbürger zu sein, und das zu jeder Zeit. Deutschland ist eigentlich ein wunderbares Land, wir haben eine der standfestesten Demokratien auf dieser Welt. Wir können mit großem Stolz auf die deutsche Wiedervereinigung schauen, auf unser Grundgesetz, auf unsere großartigen Idole: von Goethe, Schiller, Brecht, Kant, Tell... Es kommen so viele Ideen und Techniken aus unserem Land, unsere Kultur ist doch so vielfältig. Wir können auch stolz darauf sein ein multikulturelles Land zu sein. Auch wenn hochrangige deutsche Politiker das abstreiten. Stolz auf sein Heimatland, in den meisten anderen Staaten eine Selbstverständlichkeit. In Deutschland immer noch ein Problem.

Was soll dieses heuchlerische Getue? Was bitte ist so schwer daran sich jeden Tag mit Deutschland zu identifizieren? Das ist doch keine Aufforderung jeden Tag mit Deutschland-Fahne um den Hals herum zu laufen oder sich wie die Amerikaner eine Deutschland-Flagge im Vorgarten zu hissen. Es ist aber eine Aufforderung ehrlicher zu sich selbst zu sein. Muss ich erst vier Flaschen Bier trinken, bevor ich mich traue als Deutscher zu identifizieren? Oder ist es einfach die Masse, die alles ausmacht? Im Fußballstadion sind zigtausend Menschen und beim Eurovision Song Contest auch. Und weil da so viele Deutsche sind, fällt man nicht auf. Es besteht kein Druck sich rechtfertigen zu müssen, so als Deutscher. Niemand könnte einen in unangenehme Gespräche verwickeln, wie man es verantworten könne Deutsch zu sein. 

Dabei ist das doch alles völlig absurd. Grundsätzlich hat jeder Mensch eine Nationalität. Kein Grund besonders auszuflippen oder abzudrehen. Und schon gar kein Grund dem anderen zeigen zu wollen, dass man einer besseren Nationalität angehört. Wie soll das auch gehen? Das ist für jeden eine subjektive Empfindung. Aber genau das passiert eigentlich beim Eurovision Song Contest. Es ist der Ausnahmetag, an dem die sonst so schüchternen Deutschen zu Nationalisten werden. WIR SIND LENA. WIR SIND DEUTSCHLAND. Endlich mal wieder ein Grund stolz zu sein. Und weil Lena so gut ist, sind wir als Deutsche gleich viel besser. 

Jaja, immer die gleiche Kritik. Dabei ist das doch nur eine Feier, bei der ganz Europa zusammen vereint Party macht. Von mir aus. Meine Kritik zielt eher dahinter. Auf die Deutschen, die Gelegenheits-Deutsche sind. Immer nur, wenn es was zu feiern gibt. Nie mit Rückgrat, in guten wie in schlechten Zeiten, zu ihrer Heimatnation stehen. Bitte malt euch nicht nur Fahnen ins Gesicht, sondern arbeitet an eurem Nationalstolz. In beide Richtungen. 


her

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