Henning Rasche
Mit viel Wohlwollen und noch viel mehr Naivität neigt sich die Legislaturperiode von Schwarz-Gelb dem Ende zu. In einem Jahr beginnt der Wahlkampf um den neuen Bundestag. Doch schon jetzt lohnt sich ein Blick nach Berlin. Es geschieht Außergewöhnliches. Eine Partei der ersten Stunde der Bundesrepublik sinkt in Umfragen immer weiter herab und verharrt aktuell (Forsa-Umfrage vom 11. Januar) bei zwei Prozent. Die Piraten hingegen wären - laut Umfrage - im neuen Bundestag vertreten. Wie kann das sein? Wie steht es um unsere Parteiendemokratie? Und, nur weil es nicht schade um die einen ist, müssen wir uns über die anderen freuen?
Die Demokratie lebt von den Parteien, gewiss. Was Deutschland ohne die Diversität der Parteien wäre können wir in so hochdemokratischen Ländern wie China oder Russland erfahren. Die Demokratie würde überflüssig, weil Demokratie auch Wettstreit der Ideen bedeutet. Vielleicht muss ich das noch einmal betonen, bevor ich der einen oder anderen Partei das Existenzrecht - besser: den Existenzsinn - abspreche. Denn: diese CDU-Minderheitsregierung, die seit 2009 die "Geschicke" dieses Landes bestimmt, ist keine Koalitionsregierung, sondern eine von der SPD geduldete Minderheitsregierung. Die FDP, der eigentliche Koalitionspartner, ist so schwach, dass er eigentlich in hohem Bogen aus der Regierung fliegen müsste. Doch die Schwäche des Einen ist zugleich Stärke des Anderen. Weil die FDP jeden Tag aufs Neue ihre Inkompetenz unter Beweis stellt, die Deutschen aber das Gefühl haben so schlecht sei das doch alles gar nicht, gewinnt die CDU an Zustimmung.
Nun, es gibt einen neuen Stern am Parteienfirmament. Piraten nennen sich diese - ja was eigentlich? Seit der Abgeordnetenhauswahl in Berlin im letzten Jahr sind sie spätestens in der öffentlichen Parteiendemokratie angekommen. Wie sehr sie angekommen sind, zeigt die Forsa-Umfrage (s.o.). Die Piraten würden bei der nächsten Bundestagswahl vier Mal so viele Prozentpunkte holen, wie die FDP. Eine Partei, deren vermeintliches Konzept daraus besteht über alles im Internet oder via Handzeichen abstimmen zu lassen, der aber jegliche Antworten auf die Fragen unserer Zeit fehlen, soll so viel Zustimmung finden, dass sie derart gewählt würde?
Die Piraten haben nun ihre zweite Bundespressekonferenz abgehalten. Während bei der ersten noch ein katastrophaler Eindruck von absoluter Ahnungslosigkeit entstand, hat sich zwar an der Ahnungslosigkeit nichts verändert, dafür ist das Auftreten professioneller geworden. Professionell in diesem Fall bedeutet: so, wie alle anderen Parteien und Politiker auch. Schwammige Phrasen und abgeklärtes Drumherumreden. Ist es diese Art von Gleichmacherei, die gar nichts negatives sein kann, weil eben diese Professionalität im Politikgeschäft von heute unausweichlich ist, die die potenziellen Wähler an den Piraten schätzen? Wohl kaum. Auch die Persönlichkeit der Akteure kann nicht überzeugen. Allein der Bundesvorsitzende ist eine charakterlose Witzfigur, die schon mit mehr Aliens bei Computerspielen geredet hat, als mit normalen Menschen. Das ist der einzige, den ich nach dem beurteilen kann, was er sagte.
Doch was nützt eine Partei, die nichts hat, was sie auf dem Marktplatz der Ideen anbieten könnte?
Sie diente, würde sie denn gewählt, als reiner Sachverwalter. Die Parteien müssten auf Vorschläge aus dem Volk warten, was insoweit schwachsinnig ist, als dass die Partei auch aus dem Volk kommt. Denn woher nehmen die etablierten Parteien ihre Vorschläge und Antworten? Ja, natürlich auch aus dem Volk. Und auch aus eigener Kompetenz. Wie sollte ein Sebastian Nerz eine Rede zur Europäischen Union halten? Was würde er sagen? Etwa: "Wie wir genau jetzt die EU finden kann ich noch nicht sagen, das lasse ich gerade parallel im Netz abstimmen. Fest steht aber: es gibt sie. Lösungen zur Krise des Euro müsste ich auch noch suchen, es fehlt ein Parteitagsbeschluss." Sicher, das ist ungerecht. Die Partei ist jung. Sie hat nur die Idee der Netzfreiheit, die sie verbindet, alles andere ist Neuland. Aber dann, dann es ist es doch auch nicht sinnvoll diese Partei in den Bundestag zu schicken. Was sollte sie dort bewirken?
Wer weiß, die Piraten können es schaffen, irgendwann eine Partei zu werden, die ernst genommen werden muss. Aber bis das soweit ist, wird noch viel Zeit vergehen. Die Grünen haben in dieser Phase einen Pullover nach dem anderen gestrickt. Die Piraten - ja was tun sie eigentlich? Wie wäre es denn damit: Fachwissen aneignen, Antworten suchen, Lösungen überlegen, sich Authentizität aneignen? Von einer Sache können Menschen nur durch eines überzeugt werden: durch das richtige und gewichtige Argument. Es fehlt den Piraten.
Die Piraten können nur das Gelüst nach absoluter Transparenz befriedigen. Behaupten sie. Denn auch sie können es sich nicht verkneifen, am Tagesgeschäft teilzunehmen. Auf die Frage, was sie vom Bundespräsidenten hielten, machten die Vorstandsmitglieder klar, dass sie einen Rücktritt fordern. Doch wie kamen die Piraten zu dieser Erkenntnis? Hatten sie dazu einen Parteitagsbeschluss? Wurde etwa basisdemokratisch darüber abgestimmt? Oder handelt es sich doch ganz einfach um die Meinung des Vorstands - die wie in anderen Parteien auch - die Richtung bestimmt? Die Piraten haben gegenüber anderen Parteien bloß den Vorteil der Transparenz, gleichen sie sich den anderen Parteien auf anderen Gebieten jedoch weiter an - was unausweichlich ist - dann verlieren sie diesen Vorteil. Und dann darf die Frage gestellt werden, wozu brauchen wir Piraten?
Die Demokratie lebt von den Parteien, gewiss. Was Deutschland ohne die Diversität der Parteien wäre können wir in so hochdemokratischen Ländern wie China oder Russland erfahren. Die Demokratie würde überflüssig, weil Demokratie auch Wettstreit der Ideen bedeutet. Vielleicht muss ich das noch einmal betonen, bevor ich der einen oder anderen Partei das Existenzrecht - besser: den Existenzsinn - abspreche. Denn: diese CDU-Minderheitsregierung, die seit 2009 die "Geschicke" dieses Landes bestimmt, ist keine Koalitionsregierung, sondern eine von der SPD geduldete Minderheitsregierung. Die FDP, der eigentliche Koalitionspartner, ist so schwach, dass er eigentlich in hohem Bogen aus der Regierung fliegen müsste. Doch die Schwäche des Einen ist zugleich Stärke des Anderen. Weil die FDP jeden Tag aufs Neue ihre Inkompetenz unter Beweis stellt, die Deutschen aber das Gefühl haben so schlecht sei das doch alles gar nicht, gewinnt die CDU an Zustimmung.
Nun, es gibt einen neuen Stern am Parteienfirmament. Piraten nennen sich diese - ja was eigentlich? Seit der Abgeordnetenhauswahl in Berlin im letzten Jahr sind sie spätestens in der öffentlichen Parteiendemokratie angekommen. Wie sehr sie angekommen sind, zeigt die Forsa-Umfrage (s.o.). Die Piraten würden bei der nächsten Bundestagswahl vier Mal so viele Prozentpunkte holen, wie die FDP. Eine Partei, deren vermeintliches Konzept daraus besteht über alles im Internet oder via Handzeichen abstimmen zu lassen, der aber jegliche Antworten auf die Fragen unserer Zeit fehlen, soll so viel Zustimmung finden, dass sie derart gewählt würde?
Die Piraten haben nun ihre zweite Bundespressekonferenz abgehalten. Während bei der ersten noch ein katastrophaler Eindruck von absoluter Ahnungslosigkeit entstand, hat sich zwar an der Ahnungslosigkeit nichts verändert, dafür ist das Auftreten professioneller geworden. Professionell in diesem Fall bedeutet: so, wie alle anderen Parteien und Politiker auch. Schwammige Phrasen und abgeklärtes Drumherumreden. Ist es diese Art von Gleichmacherei, die gar nichts negatives sein kann, weil eben diese Professionalität im Politikgeschäft von heute unausweichlich ist, die die potenziellen Wähler an den Piraten schätzen? Wohl kaum. Auch die Persönlichkeit der Akteure kann nicht überzeugen. Allein der Bundesvorsitzende ist eine charakterlose Witzfigur, die schon mit mehr Aliens bei Computerspielen geredet hat, als mit normalen Menschen. Das ist der einzige, den ich nach dem beurteilen kann, was er sagte.
Doch was nützt eine Partei, die nichts hat, was sie auf dem Marktplatz der Ideen anbieten könnte?
Sie diente, würde sie denn gewählt, als reiner Sachverwalter. Die Parteien müssten auf Vorschläge aus dem Volk warten, was insoweit schwachsinnig ist, als dass die Partei auch aus dem Volk kommt. Denn woher nehmen die etablierten Parteien ihre Vorschläge und Antworten? Ja, natürlich auch aus dem Volk. Und auch aus eigener Kompetenz. Wie sollte ein Sebastian Nerz eine Rede zur Europäischen Union halten? Was würde er sagen? Etwa: "Wie wir genau jetzt die EU finden kann ich noch nicht sagen, das lasse ich gerade parallel im Netz abstimmen. Fest steht aber: es gibt sie. Lösungen zur Krise des Euro müsste ich auch noch suchen, es fehlt ein Parteitagsbeschluss." Sicher, das ist ungerecht. Die Partei ist jung. Sie hat nur die Idee der Netzfreiheit, die sie verbindet, alles andere ist Neuland. Aber dann, dann es ist es doch auch nicht sinnvoll diese Partei in den Bundestag zu schicken. Was sollte sie dort bewirken?
Wer weiß, die Piraten können es schaffen, irgendwann eine Partei zu werden, die ernst genommen werden muss. Aber bis das soweit ist, wird noch viel Zeit vergehen. Die Grünen haben in dieser Phase einen Pullover nach dem anderen gestrickt. Die Piraten - ja was tun sie eigentlich? Wie wäre es denn damit: Fachwissen aneignen, Antworten suchen, Lösungen überlegen, sich Authentizität aneignen? Von einer Sache können Menschen nur durch eines überzeugt werden: durch das richtige und gewichtige Argument. Es fehlt den Piraten.
Die Piraten können nur das Gelüst nach absoluter Transparenz befriedigen. Behaupten sie. Denn auch sie können es sich nicht verkneifen, am Tagesgeschäft teilzunehmen. Auf die Frage, was sie vom Bundespräsidenten hielten, machten die Vorstandsmitglieder klar, dass sie einen Rücktritt fordern. Doch wie kamen die Piraten zu dieser Erkenntnis? Hatten sie dazu einen Parteitagsbeschluss? Wurde etwa basisdemokratisch darüber abgestimmt? Oder handelt es sich doch ganz einfach um die Meinung des Vorstands - die wie in anderen Parteien auch - die Richtung bestimmt? Die Piraten haben gegenüber anderen Parteien bloß den Vorteil der Transparenz, gleichen sie sich den anderen Parteien auf anderen Gebieten jedoch weiter an - was unausweichlich ist - dann verlieren sie diesen Vorteil. Und dann darf die Frage gestellt werden, wozu brauchen wir Piraten?
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