Jetzt hackt es endgültig. Die heutige Sendung hartaberfair, genau, mit Frank Plasberg, hat sich ausschließlich der Frage gewidmet, ob unsere Politik mehr Adelige wie zu Guttenberg bräuchte. Es scheint, als hätten wir keine Probleme mehr, alle Sorgen um Hartz IV oder Stuttgart 21 (mal wieder einer was davon gehört ?) sind wie weggeblasen, sogar Atomkraft stellt dieser Mann in den Schatten. Warum beherrscht er denn unsere Schlagzeilen ? Wieso widmen sich unzählige Hauptstadtjournalisten nur noch dieser einen Frage, der "KT-Frage"? Es wird ein Mann hochgejubelt, jetziger Verteidigungsminister und CSU-Mitglied, der objektiv noch nichts geleistet hat. Er wird zum nächsten Bundeskanzler gekürt, ohne dass überhaupt eine Bundestagswahl in Aussicht stünde. Leitartikel, Kommentare, Seite drei, manchmal sogar das Titelthema. Die Zeitungen haben ihr Thema gefunden: Karl-Theodor zu Guttenberg (und Familie). Es hat den schlechten Anschein einer billigen Nachmittagstelenovela auf ARD oder ZDF, wie die zu Guttenbergs sich der Öffentlichkeit präsentieren. Der Verteidigunsminister steigt mit Schussweste, James Bond-Sonnenbrille und Ohrenschützern aus dem Kampfhubschrauber der Bundeswehr beim Einsatz in Afghanistan. Stephanie zu Guttenberg, die holde Gattin, fällt durch ihr soziales Engagement (ob positiv oder negativ mag jetzt dahinstehen - ich kenne die Sendung "Tatort Internet" nicht) auf, wie es sich für eine kommende Kanzlerfrau gehört. Die beiden sind perfekt, heißt es von überall her. Auf sie laden alle möglichen Menschen all ihre politischen Hoffnungen. Der Mann ist adrett, gut gekleidet, hat Manieren, ist elegant, hat eine steile Frise, der Anzug maßgeschneidert, die Brille... Ach ja, authentisch ist er auch noch - angeblich steht er für Ehrlichkeit und Vertrauen. Er ist derjenige, den wir jetzt brauchen - in den harten Zeiten...
Bitte ?
Der Mann gehört zu den 300 reichsten Deutschen. Logisch, dass der sich einen Maßanzug schneidern lässt und dass Bildung und Manieren aus dem Hause auf dem Silbertablett geliefert bekommen hat. Wie Jutta Ditfurth sagte, "da kommt einer aus dem Schloss und steigt den Berg hinab ins Tal zu seinem Volke, hat so viel Land und Hab und Gut und alles drum und dran, da müssen wir ihm doch praktisch dankbar sein, dass er sich auch noch so etwas wie die Politik auflastet". Mir fehlen in dieser Debatte ehrlich gesagt die Worte(, wie kann ich dann eigentlich darüber schreiben?). Ich verstehe den Hype um diese Person auch nicht. Man kann ihm sicher nicht zum Vorwurf machen, dass er adelig ist. Aber dass kann doch wohl auch kein Bonus sein. Was hat er denn als Politiker objektiv betrachtet für unser Land getan? Erinnert sich jemand an irgendwas ?
Nicht so richtig oder ? Gut, er plant eine Bundeswehrreform. Naja, er ist Verteidigungsminister, soll ich da das Bundesverdienstkreuz von Jogi Löw wieder rausholen und sagen: "Ja ! Er macht seinen Job und das ist gut für unser Land ?". Es ist doch nur folgerichtig, dass er als Minister auch mal was macht und sich nicht nur in Kampfhubschraubern fotografieren lässt.
Ah, apropos Kampfhubschrauber - da war doch was?
Richtig, Kundus-Affäre? Untersuchungsausschuss? Die Medien haben es geschafft, diese Macke, die das Image von zu Guttenberg bekommen hat, wieder aufzupolieren. Er hat den Skandal praktisch von seinem Vorgänger Jung übernommen, als zahlreiche Zivilisten bei einem Angriff der Bundeswehr auf einen Tanklaster in Afghanistan ums Leben kamen. Hinterher gab es einen großen Hickhack. Krieg ja ? Krieg nein ? Alles firlefanz. Zu Guttenberg hat seine Generäle entlassen, der eine hieß glaub ich Schneiderhahn. Niemand weiß genau warum und wie er es getan hat. Zu Guttenberg hatte damals die Bürger angelogen, ihnen vorgegaukelt, alles sei gerechtfertigt gewesen. Schwachsinn hat sich hinterher herausgestellt. Er hatte die belastenden Papiere und vorsätzlich gelogen.
Das interessiert heute keinen mehr, alle sehen nur noch die zu Guttenbergs, wie sie in jede Kamera lächeln. Der Baron hat vielleicht sein Amt verfehlt. Mit seinen Täuschungen und Selbstinszenierungen hätte er vielleicht doch in einer Telenovela anheuern sollen.
her
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