Meine Enttäuschung war groß, als ich vor zwei Tagen in den Nachrichten davon hörte, dass die chinesische Regierung das Nobelpreis-Komitee davor gewarnt hat den Friedensnobelpreis an Liu Xiaobo zu verleihen. Ich hatte befürchtet, dass sich die Verantwortlichen wieder ihrer alten opportunistischen Linie treu blieben. Siehe Barack Obama.
Umso größer war die Freude, als gestern in den Medien durchsickerte, dass es doch der chinesische Literaturprofessor geworden ist.
Der Friedensnobelpreis 2010 geht an Liu Xiaobo. - Autsch, das hat gesessen. Was für eine Blamage für die chinesische Regierung, was für ein Fingerzeig aus Oslo.
"Blasphemie" nennt die chinesische Regierung die Preisvergabe an einen ihrer "Dissidenten". Blasphemie bedeutet übrigens Gotteslästerung. Wer ist jetzt der Gott über den die bösen Mitglieder des Nobelpreiskomitees gelästert haben ? Die chinesische Regierung ? Nein, wohl kaum - das sehen sie sogar selber ein.
Nein, das chinesische Außenministerium glaubt durch die Vergabe an einen "Kriminellen" würde der Preis und das Erbe von Alfred Nobel beschädigt werden.
Ausgezeichnet soll werden, wer, nach Nobel, „am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt und damit im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht."
Liu Xiaobo ist kein Krimineller. Die chinesische Regierung hat ihn dazu gemacht. Weil er auf den fundamental großen Mangel an Menschenrechten in China hingewiesen hat. In einer Charta, der Charta 08, hat er zusammen mit anderen chinesischen Intelektuellen auf die Missstände aufmerksam gemacht.
Ausgezeichnet wurde er für "seinen langen und gewaltlosen Kampf für fundamentale Menschenrechte in China."
Das Komitee aus Oslo zieht mit der Vergabe des Preises der chinesischen Regierung die Hosen aus. Sie sagen, seht her, in der aufstrebenden Wirtschaftsmacht aus China gibt es keine Meinungs- und Pressefreiheit. Es bleibt eine kommunistische Partei die regiert. Freiheit ist für viele ein Fremdwort. Google wird in China zensiert, Tibet gilt als verbotenes Wort, Proteste und Aufstand, wie wir sie aus Stuttgart kennen, sind undenkbar.
Die Freiheit, die wir haben, wissen wir manchmal gar nicht so recht zu schätzen. Es wird uns jetzt wieder vor Augen geführt, was es auch auf dieser Welt gibt. Nicht nur das heile Mitteleuropa - "den Westen".
Natürlich kann man den Zorn der Chinesen nachvollziehen, wer will schon in aller Öffentlichkeit so bloß gestellt werden ? Und dann noch mit der renommiertesten Auszeichnung für den Kampf um Menschenrechte ?
Die Norweger legen wieder einen Zahn zu, sie geben dem Preis die Ehre zurück, die er einst hatte. Durch die Vergabe des Nobelpreises an Barack Obama im letzten Jahr, hatten sie sich den Vorwurf des Opportunismus eingehandelt. Zu Recht. Der Preis war beschädigt und es war überfällig, eine solch riskante und mutige Entscheidung zu treffen. Ein Lob an unsere norwegischen Freunde.
Der Preis geht an den richtigen und an den verdientesten Kandidaten. Helmut Kohl wurde zwischenzeitlich auch gehandelt, aber mal ehrlich. Seinen großen Anteil an der Wiedervereinigung und dem Ende des kalten Krieges würde ich nie in Frage stellen. Aber die Reaktionen darauf wären doch nur eintönig gewesen: "Ein verdienter Mann", "Eine respektable Persönlichkeit" und so weiter und so fort. Es gibt sicherlich viele, die den Friedensnobelpreis verdient hätten. Helmut Kohl gehört vielleicht auch dazu.
Aber ein solcher Paukenschlag, wie die Vergabe an Liu Xiaobo war bitter nötig für diese Welt, in der viele ihre eigenen Menschenrechte nicht mehr zu schätzen wissen und das Leid anderer (auch wenn es nicht körperlich ist) nicht mehr wahrnehmen.
Mit Blasphemie hat das gar nichts zu tun. Sie ehren das Erbe Alfred Nobels, sie ziehen es nicht in den Dreck.
Die chinesische Regierung hat Angst. Angst davor, die Kontrolle zu verlieren. Die Kontrolle über die Diskussion, wie viele Menschenrechte China verträgt, die Diskussion über Freiheit. Ein totalitäres System, wie das in China überlebt nur mit Kontrolle. Das wissen auch die Chinesen, die es am Untergang des Sowjet-Imperiums gesehen haben.
Ein Stück weit haben sie die Kontrolle jetzt verloren, sie müssen aufpassen, wie sie in Zukunft mit dem noch inhaftierten Liu umgehen. Denn, die Welt schaut jetzt zu.
Im Übrigen, Liu Xiaobo selbst wusste gestern noch gar nichts von seiner Ehrung. Seine Frau will es ihm heute im Gefängnis sagen, auch wenn sie bei Besuchen nur über Belangloses reden dürfen.
Ein paar wenige, die öffentlich den Friedensnobelpreis gefeiert hatten, wurden natürlich sofort verhaftet. So kennt man die Bilder aus China. Leider...
her
immer wieder schön deine texte zu lesen
AntwortenLöschenDanke, das hört man gerne !
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