Facebook, MySpace, Twitter, StudiVZ, Xing... Ich kenne nur die wenigsten davon. Aber allein die sind mir schon zu viel. Soziale Netzwerke oder Gemeinschaftsportale werden diese Plattformen im Internet genannt.
Jetzt gerade ist der Film über Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in die Kinos gekommen, "The Social Network". Nein, ich habe den Film nicht gesehen und ich habe es auch nicht vor. Erst hatte ich die Hoffnung, es ginge um die Problematik, die auch mich umtreibt. Das Fiese an Facebook & Co. Das was unser Zusammenleben verändert hat.
Aber nein, es soll ganz platt bleiben und vor allem um diesen skrupellosen Typen gehen, der seine Freunde über den Tisch gezogen hat. Charakterlich ein Versager, so heißt es. Was kümmert es mich, wer dieser Mensch ist und was er getan hat ? Was kümmert es mich, dass sich auf seinem Konto die Milliarden von US-Dollarn stapeln ? Nicht besonders viel.
Das was mich an diesem Typen interessiert ist sein Geschäft, facebook.com.
Mehr als 500 Millionen aktive Nutzer hat Facebook nach eigenen Angaben am 21. Juli verzeichnet. 500 000 000 - zur Erinnerung, auf unserer Erde leben sechs Milliarden. Das heißt, schon jetzt hat ein Zwölftel der Weltbevölkerung ein Profil auf Facebook. Wer jetzt sagt das sei ja nicht so viel, verkennt die Dimensionen. Es soll Teile auf dieser Erde geben, wo es nicht selbstverständlich ist sich mit PC und sonstigen anderen Geräten mal eben ins Internet einzuloggen und mal eben Facebook zu checken. In den sechs Milliarden sind auch Senioren und Kleinkinder verzeichnet, die auch seltener in solchen Plattformen zu treffen sein werden, obwohl man das bei Kleinkindern inzwischen auch nicht so genau ausschließen darf.
Sagen wir mal grob betrachtet, dass bei uns - in der reichen Welt (was für eine grausige Bezeichnung) der Wert von einem Zwölftel nicht zu halten ist. Vermutlich ist es jeder Dritte, gar jeder Zweite.
Ich habe kein Facebook. Ich bin sogar stolz darauf ohne Facebook leben zu können. Und ich hoffe, dass ich der Entwicklung stand halten kann. Denn irgendwelche Statistiker rechnen schon damit, dass es bald eine Milliarde Nutzer sein werden.
Aber woran liegt das ? Wieso wird uns auf einmal der Eindruck vermittelt, wir könnten ohne online zu gehen nicht mehr leben ? Wieso entwickelt sich in uns der ständige Drang Informationen zu bekommen ? Wieso gucken wir alle paar Minuten auf unsere Smartphones, iPads, Laptops, sonstigen mobilen Datenträger, die sich mir noch nicht vorgestellt haben, um zu gucken, ob was in der Welt geschehen ist ? Nur mal eben die Nachrichten lesen oder in den Emails blättern. Oder mal eben lesen, dass der Freund einer Freundin von der Cousine, den man einmal im Leben gesehen hat, aber dringend schon bei Facebook als Freund adden musste, gerade sein Zimmer aufräumt. Wen bitte interessiert das ?
Eine Informationssucht entwickelt sich, ständig wird dem Gehirn eingetrichtert es bräuchte neue Informationen. Und immer wieder Facebook.
"Ich hab doch mein Abi bestanden" - "Ja, woher soll ich das denn wissen?" - "Hast Du nicht bei Facebook gelesen? Hab ich gepostet!"
Nein, habe ich nicht gelesen. Ich glaube daran, dass Menschen vor allem von Mensch zu Mensch kommunizieren sollten. Per Telefon okay, aber nur noch bei Facebook oder mal eben bei Skype einander zu begegnen - das ist doch absurd. Das schadet jedem menschlichen Zusammensein, das Gefühl von sozialer Nähe leidet darunter.
Unsere Gehirne entwickeln sich um, müssen sich diesem Überfluss an Informationen anpassen.
Facebook ist kein soziales Netzwerk. Sozial heißt gesellschaftsförderlich, und nicht gesellschaftsschädigend.
Wir greifen immer weniger zum Telefon, man trifft sich viel seltener. Und selbst wenn man sich trifft hat man sich viel weniger gehaltvolles zu sagen. Und warum ? Weil ja schon alles bei Facebook gepostet war. Muss man dann ja wissen.
Jetzt hat gerade mein Handy einen Laut von sich gegeben, es machte Dssssmm. "VZ-Netzwerke - Neue Nachricht". Da ist er wieder, der Informationsüberfluss. Dinge, die wir nie wissen wollten erfahren wir. Dinge, die uns brennend interessieren erfahren wir nicht mehr.
Ich klinke mich nicht aus und zeige mit dem Finger auf alle mit Facebook und sage "Hey, seid ihr dumm ! Ich will besonders individuell sein und mache bei diesem Trend nicht mit." Aber Facebook ist kein Trend, hier geht es nicht um Individualismus. Hier geht es um unsere gesamte Gesellschaft, um unser Zusammenleben das sich stetig verändert.
Wer hat denn in den letzten Tagen mal einen Brief bekommen, in dem eine persönliche Ansprache zu finden war, also keine Rechnung ?
Gibt es nicht mehr. Das klingt vielleicht ein bisschen reaktionär und zurückgeblieben. Was Facebook angeht, lasse ich mir den Vorwurf sogar gefallen.
Ich jedenfalls freue mich immer, wenn das Telefon klingelt und ich meine (dringend benötigten) Informationen auch mal von dem Menschen selbst übermittelt bekomme und sie mir nicht spärlich im Wust des Internets zusammen suchen muss.
Das ist nicht faul, sondern sozial.
her
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