"Du deutsche Kartoffel !", da hat Kristina Schröder ja ganz tief in die Kiste der heftigsten Beleidigungen gegriffen. Was muss unsere Familienministerin für eine famose Kindheit gehabt haben, wenn sie als Beleidigungstrauma die Kartoffel anführt ?
Viele von denen, die sie wahrscheinlich schützen wollte oder deren Schicksal ihr am Herzen liegt, wären wahrscheinlich froh als "Kartoffel" beschimpft zu werden. Aber ob im Wedding, in Gelsenkirchen, in Neukölln oder in sonstigen sozialen Brennpunkten jemals eine solche harmlose Beleidigung gefallen wäre, darf zumindest stark bezweifelt werden.
Das, was Fräulein Schröder eigentlich benennen wollte, war so etwas wie das Phänomen Deutschenfeindlichkeit. Deutsche müssten sich fürchten, im eigenen Land diskriminiert zu werden, so Schröder. Viele deutsche Schulkinder werden jetzt schon auf den Schulhöfen von türkischen Schulkindern beleidigt, verprügelt und ausgegrenzt, begründet sie ihre These von dem Hass gegen die Deutschen. Mal so unter uns, dass Kristina Schröder gehasst wird, muss ja nicht nur daran liegen, dass sie Deutsche ist.
Es ist gar keine Frage, weder Hass, noch Gewalt, noch Ausgrenzung, noch Diskriminierung darf einen Platz in unserer Gesellschaft, unserem Sozialstaat haben. Dies sei ausdrücklich klar gestellt.
Jetzt frage ich mich aber, wie die gute Frau auf dieses Problem kommt und was sie uns damit sagen will. Es kann ja nicht allen Ernstes der Sinn sein wieder einmal auf unsere Migranten mit dem Finger zu zeigen und zu sagen: "Seht her: Die können sich nicht integrieren, die wollen sich nicht integrieren, die nutzen unseren liebgewonnenen Sozialstaat aus und (!) die verprügeln uns auch noch, weil sie uns hassen." Das sind unhaltbare Thesen und vor allem grauenvolle Verallgemeinerungen. "Wir hier, ihr da." So geht es doch immer, wir sind die guten Deutschen und ihr seid die bösen Migranten, am beliebtesten auf der "Hau-Drauf-Skala" im Moment Türken und Muslime. Wir grenzen unsere Migranten schon durch Worte aus, durch die schlichte Bezeichnung, durch die ewigen, nervigen Fingerzeige. "Die da". Nie war es so schlimm, wie in der letzten Zeit. Immer mehr ist zu beobachten, wie solche Thesen sich durchsetzen und beliebter werden. Das ist keine Warnung vor dem Hunde, sondern wesentlich schlimmer.
Zu verdanken haben wir diese Miesere in erster Linie einem (Ex-) Sozialdemokraten, denn nach sozialdemokratischer Weltanschauung ist es geboten, sich von ihm zu distanzieren. Das ist nicht feige. Das ist goldrichtig. Natürlich, die Rede ist von Thilo Sarrazin, von wem denn sonst ? Wenn irgendwo in der Bundesrepublik in diesen Wochen über Integration gesprochen wird, ist der kleine grauhaarige Mann mit Brille nicht mehr weit. Zumindest seine geistigen (Nicht-) Ergüsse sind omnipräsent. "Deutschland schafft sich ab" beschreibt genau die Gefahr, die offensichtlich auch unsere christdemokratische Familienministerin umtreibt. Dass die Deutschen Ausländer im eigenen Land werden. Was für eine skurrile und absurde These, denn alle Menschen sind Ausländer, fast überall. Ich habe es nicht für möglich gehalten einmal in diesem Land so gegen aufstrebenden Rassismus kämpfen zu müssen, wie wir es wahrscheinlich bald aufgetragen bekommen. Allein aus diesem Grund ist es wert, Herrn Sarrazin der Volksverhetzung anzuzeigen. Aber im einzelnen und sortiert:
Grundthese des Buches ist, dass Intelligenz vererbbar ist. Wessen Eltern dumm ist, der ist selbst auch dumm. Pech, solche Leute brauchen wir nicht mehr, so Sarrazin. Das steht da so nicht ? Doch. Steht es. Schon in der Kapitelüberschrift: "Mehr Kinder von den Klugen, bevor es zu spät ist" nimmt Sarrazin diese Wertung vor. Und die Dümmsten, die die viel zu viele Kinder kriegen, das sind - wer kann es erraten ? - natürlich die Türken, Muslime und Hartz IV-Empfänger. Wer sonst ? Die üblichen Verdächtigen. Sie geht wieder los, die Suche nach den Sündenböcken. Obacht!
Wer schon jemals den Satz gesagt hat: "Sarrazin hat doch im Kern recht", sollte sich dringend zwei Fragen stellen. Zum einen, habe ich das Buch überhaupt gelesen? Kenne ich den Kern denn, der mir so gut gefällt? Und zum anderen, ob ich mich wirklich mit solchen Thesen in die rechtsextremistische Richtung drängen lassen will.
Natürlich, das Argument der Gegenseite darf nicht fehlen. Sarrazin hat ein Tabu gebrochen, sich getraut endlich mal was zu sagen, was sich diese dummen, nichts wissenden Politiker alle nicht wissen. Das von ihm gesagte als Rechtsextremismus zu bezeichnen, bah - wie niveaulos.
Mit Rechtsextremismus wird immer der kahl geschorene Schädel mit Springerstiefeln und Londsdale-Jacke verbunden. Nein, so will man ja nicht gelten. Aber auf Rechtsextremismus steht nicht immer Rechtsextremismus drauf. Die NPD-Mitglieder sehen nicht mehr alle so aus. Die haben es nämlich auch schon begriffen, die Kausalkette ist leicht: "Sarrazin hat Recht" auf NPD-Plakaten, Verknüpfung mit der NPD schon hergestellt. Findet man das eine gut, dann auch das andere.
Logisch also, meine Warnung vor dem Führer. Das soll kein Witz sein, denn inzwischen wünscht sich genau den jeder Zehnte Deutsche. Auch kein Witz. 15 % der Deutschen wünschen sich einen Führer, der souverän durch die Probleme führt. Wo führt uns das nur hin?
her
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