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Diplomaten blamiert

Ach ja. Was muss das für ein grenzenloser Skandal sein, der da über uns eingebrochen ist. US-Außenministerin Hillary Clinton spricht von "schweren Verbrechen." Anne Will ändert kurzfristig ihr Thema. Auf allen Titelseiten der Tagespresse ist nichts anderes zu sehen. Jeder redet darüber, kaum einer hat's gelesen. Die betroffene Internetseite wikileaks.org war nämlich zum Zeitpunkt der Freischaltung hoffnungslos überlastet. Selbst wenn man wirklich mal in die unzähligen Dokumente reinblicken wollte, es war gestern abend einfach zu viel los. 

Der Grund dafür sollte inzwischen hinlänglich bekannt sein, die Enthüllungsplattform wikileaks hat in Zusammenarbeit mit international hoch angesehenen Magazinen wie dem Spiegel oder The Guardian Berichte von US-Diplomaten aus aller Welt veröffentlicht. Darin ist vor allem zu lesen, was die Amerikaner dem weißen Haus in Washington für Einschätzungen zu ausländischen Politikern gesendet haben. Für die Deutschen natürlich besonders interessant, wie die Diplomaten die schwarz-gelbe Bundesregierung, beziehungsweise deren Politiker bewertet. Guido Westerwelle sei inkompetent, eitel und aggressiv. Angela Merkel wird liebevoll als "Teflon-Merkel" bezeichnet, weil an ihr alle Probleme abprallen, darüberhinaus meide sie das Risiko und sei selten kreativ. Entwicklungsminister Dirk Niebel sei eine "schräge Wahl." Einige weitere deutsche und natürlich unzählige weitere internationale Politiker wurden auf diese Weise düpiert. Die Frage ist aber, was nehmen wir daraus mit? 
Zunächst einmal ist es nun wahrlich kein Geheimnis, dass Westerwelle häufig aggressiv und inkompetent auftritt (siehe Englisch-Interview). Auch dass Dirk Niebel eine schräge Wahl sei kann von einer bösen Zunge noch als Kompliment gewertet werden. Was über unsere Bundeskanzlerin gesagt wurde, kann ich nicht richtig einordnen. Es scheint mir nicht negativ zu sein, sondern eher mit der Bemühung objektiv zu bleiben, verfasst. Jede Tageszeitung hat dieses Trio (auch Seehofer, Schäuble, zu Guttenberg, etc.) in solchen Weisen schlecht behandelt. An der Kritik allein kann diese Aufregung natürlich nciht liegen. 
Dass sich US-Diplomaten so äußern finde ich keinen Skandal wert. Jedem Menschen muss die Möglichkeit gegeben werden, sich ernsthaft und ehrlich zu äußern. Wenn wir jetzt anfangen uns zu fürchten, dass das was wir schreiben irgendwann im Internet auftaucht und für andere Leute gefährlich werden kann, dann sollten wir jegliche Form von Kommunikation einstellen. Das wäre dann der schlechthin einzige Ausweg. 
Viel problematischer als die Äußerungen ist doch die Frage, wie kann es gelingen, dass wikileaks an diese Daten herankommt? Der angebliche FDP-Maulwurf kann auch nicht so wahnsinnig großen Einfluss auf das gesamte Weltgeschehen gehabt haben, als dass das ausreiche. Die Amerikaner sollten sich also nicht schämen, dass sie sich kritisch äußern, sondern vielmehr, dass die Weltöffentlichkeit davon erfahren hat. Das schwächt nämlich in erster Linie die eigenen Diplomaten. 
Unsere tollen Angies, Westerwelles und Niebels werden das schon ertragen. Die sollten ja mit Kritik langsam umgehen können. 


her

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