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Nachruf

Seeheimer Kreis kritisiert Parteiführung der SPD 

Von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hört man nicht viel im Moment. Wenn dann, nichts Gutes. Entweder Streit über die Rente mit 67, Haltung zu Stuttgart 21, Thilo Sarrazin... Es scheint, als habe die SPD ihr Händchen verloren, für die wichtigen Themen. Seit der vergangenen Bundestagswahl im Jahre 2009, bei der nicht mehr als 23% der Wählerstimmen zu holen waren, ist der Wurm drin. Ohne jede sichtbaren Fortschritte hangelt sich die SPD in den Umfragen derzeit wieder an dieser magischen 23% Grenze. Gewiss, mal mögen es 25, 26 sein, aber ein anderes mal sind es nur 21. Konstant in der Inkonstanz. "Mal hü, mal hott-Politik" nennt es der Sprecher des berüchtigten Seeheimer Kreises Garrelt Duin. Die Seeheimer sind die konservativen Sozialdemokraten, also das, was man als rechten Flügel bezeichnet. In einem im Internet veröffentlichten Schreiben greifen die Seeheimer die Parteiführung um Sigmar Gabriel aufs Schärfste an. Kritisieren seinen Führungsstil und die Art Politik zu machen. "Die SPD wird nicht mehr wahrgenommen. Die wichtigen politischen Fragen werden zwischen CDU/CSU und den Grünen diskutiert, die SPD spielt da keine Rolle mehr." Das muss sich nach Meinung des Kreises wieder ändern. 
"Wir haben schon viel erreicht", kommentiert die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles, das Schreiben. Ein Satz, der mich nachdenklich gemacht hat. Ich habe wirklich lange überlegt, aber etwas eingefallen, was denn die SPD in den letzten 12 Monaten erreicht haben könnte, ist mir nichts. Der angeblich gestartete Neuerungsprozess ist nicht zu spüren. Es wird sich beklagt über mangelnden Nachwuchs, ihn zu gewinnen gelingt ihnen nicht, den Herren Gabriel, Wowereit, Steinmeier und wie sie alle heißen. 
Sigmar Gabriel ist einer der besonders opportunen Politiker, gewiss es gibt viele gerade auch in Regierungskreisen, die das auch gut können, aber Gabriel ist da ganz speziell. Was er will, ist Zeitungspolitik. Morgens wird die Presse aufgeschlagen und dann wird erstmal geguckt. Wo stehen wir denn ? Was gibt es für Probleme? Was interessiert die Leute denn gerade so? Opportunistischer geht es kaum noch. Erst wird ständig verkündet mein sei für Stuttgart 21, dann wo die großen Aufstände erwachsen heißt es: "Ja, da müssen wir mal drüber nachdenken. Wie wär's mit nem Volksentscheid?" Da ist es doch klar, dass die Bevölkerung die Partei nicht mehr ernst nimmt. Wenn man sich von jahrelang erfolgreicher Regierungspolitik auf einmal entfernen will, indem man sagt, dass sei ja Bockmist gewesen, dann kommt das auch nicht unbedingt gut. Man kann Geduld haben und der Auffassung sein, die SPD komme schon zurück. Man kann aber auch der Meinung sein, dass unter dem Vorsitzenden Gabriel nichts mehr besser wird. Wer 2013 im Blick hat, der sollte sich überlegen, ob das mit Gabriel zu machen ist. Oder, ob die SPD in einer möglichen Regierung dann nur noch den Außenminister stellen darf. 

Die SPD ist aus der Arbeiterbewegung heraus entstanden. Das erklärte Ziel der Sozialdemokratie ist eine sozial gerechte Gesellschaft, in der jedem die gleichen Aufstiegschancen ermöglicht werden. Wenn die Partei es schafft, der Bevölkerung dieses Ziel wieder vor Augen zu führen, dann hat die SPD noch eine Chance. Wenn es allerdings so weitergeht, wie bisher, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit bis die nächsten Niederlagen drohen. Die Leute wissen einfach gar nicht mehr, wofür die SPD steht. "Für den Mindestlohn", aber das kann doch nicht alles sein. Die SPD steht auf der Seite der Arbeitnehmer. Wenn diese schon CDU wählen oder moderner Grün, dann liegt es nicht daran, dass die besonders stark sind, sondern daran, dass die SPD es nicht schafft zu vermitteln auf wessen Seite sie steht. Sie müsste mehr für den Kündigungsschutz, für Arbeitsschutz, für Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer eintreten. Auf den Mindestlohn reduziert zu werden heißt mit der Linken gleichgestellt zu werden. 
"Jenseits von Mindestlohn, höheren Hartz-IV-Sätzen und Atomausstieg ist wenig erkennbar, und diese Themen verbinden die meisten Menschen auch noch mit anderen Parteien", schreibt Garrelt Duin in seinem Papier "Mut zur Sozialdemokratie". Es ist ein Satz, der den Zustand der Partei sehr präzise beschreibt, beziehungsweise dessen Ursache. 
Die SPD schafft es auf irgendeine Weise in jeder Debatte wie der dumme Esel darzustehen. Sei es in dem Ausschlussverfahren um Thilo Sarrazin, sei es bei der Atomdebatte, oder bei Hartz IV, sogar bei der Haushaltsdebatte sehen sie wie die Deppen aus. 

Es wird nicht reichen, nur das politische Personal zu erneuern. Die Partei muss sich auseinander setzen mit sich selbst. Sie muss sich reduzieren auf ihren Kern und diesen Kern den Leuten anbieten. Nicht die Partei sollte den Interessen der Leute herlaufen, sondern die Partei sollte Vorschläge machen, der die Bevölkerung dann folgen sollen. Wenn die SPD erst auf Strömungen aus dem Volk reagiert, ist es zu spät. 
Für einen Nachruf ist es noch zu früh. Aber wenn die Funktionäre sich nicht sputen und ein paar junge politische Talente hervorbringen und diese in der Parteispitze ansiedeln, dann wird es auch nichts mit dem Erneuerungsprozess. Hoffnungsträger hat die SPD nämlich auch keine oder möchte jemand ernsthaft Andrea Nahles so betiteln? Hannelore Kraft ist für den Posten wohl schon zu alt. 
Glück auf. 


her


 

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