Der Vergleich ist nicht so fernliegend. Ähnlich abstehende, spitze Ohren, graues Haar, ein genügsamer Blick nach Unten und faltige Haut. Ein hohes Alter, die tief verwurzelte innere Ruhe, die Weisheit - Meister Yoda oder Heiner Geißler? Bis auf das Laserschwert und den kleinen grünen Körper trennt sie nicht viel, die beiden Altmeister. Heiner Geißler ist mit seinen 80 Jahren natürlich außerhalb seiner aktiven Politikerkarriere. Viel zu sagen hatte er nicht mehr, was aber gar nicht negativ, sondern eine reine Feststellung ist. Wenn Geißler auftauchte, dann in einer Talksendung, in der er seine Thesen verbreiten durfte. Wie bei der Rückkehr der Jedi-Ritter war es also, als die Grünen ausgerechnet Heiner Geißler vorschlugen, den Streit um Stuttgart 21 zu schlichten. Dass er es unbedingt machen wollte, konnte man schnell merken. Betonte Zurückhaltung: "Nur wenn beide Seiten mich akzeptieren", aber doch ein sehr barsches Auftreten für diese Forderung nach einer Schlichtung. Mit einem Mal wurde Heiner Geißler wieder in die Mitte der politischen Bühne gehievt, plötzlich steht er im Rampenlicht. Und am Ende stellt sich sogar heraus, dass alle seine Worte für wichtig halten und, dass sie auch noch respektiert werden. Nicht nur von irgendwelchen Parkschützern, sogar die Bundesregierung und Stefan Mappus (tun zumindest so), als nähmen sie ihn ernst. Das ist für Heiner Geißler ein rundum zufriedenstellendes Gefühl, völlig verständlich, dass es ihn freut noch mal gebraucht zu werden, in der Politik. Sicher, Heiner Geißler muss das gar nicht nötig haben. Er hat schon viel erlebt in seiner politischen Laufbahn, ist ja auch schon lange dabei. Und eine scheinbar so skurrile Kombination von Mitgliedschaften wie bei ihm hat es wohl selten bei einem Politiker gegeben. Gleichzeitig ist er Mitglied von attac, dem globalisierungskritischen Netzwerk, und der CDU. Ein Zusammenhang aus beidem ergibt sich nur in einer Art Neo-Konservatismus: also einem besonders starken Erhaltungsdrang. Die CDU auf der einen Seite, als konservative politische Kraft und attac auf der anderen Seite, als Verschließung vor Globalisierung, vor Neuerem, auch auf eine ganz andere Art und Weise konservativ.
Am Dienstag hat er also das Ergebnis seiner Schlichtung vorgetragen, lange hat er gebraucht, um herauszufinden was er sagen mochte. Lange habe ich mich gefragt, was diese Schlichtung bringen soll. Dabei ist es doch so offensichtlich, sie diente ausschließlich der Deeskalation der Stuttgarter Situation und ist daher durchweg positiv zu beurteilen. Ein klares "Ja" oder "Nein" im Geißler'schen Schlichtspruch hätte also nicht zur De-Eskalation, sondern zur Eskaltation geführt. Eine Seite hätte sich benachteiligt gefühlt, sie wäre übergangen worden. Zu Recht und mit großem Geschick hat Geißler es verstanden zwischen den Fraktionen zu vermitteln, eine bewundernswerte Eigenschaft, die dieser Mann mit sich trägt. Niemand hielt einen Kompromiss für möglich, nun ist er gefunden worden. Mir reicht das.
Nun soll am Samstag eine Großdemonstration gegen Stuttgart 21 stattfinden. Unter Federführung der Grünen, aber auch attac ist an Bord.
Der Kompromiss, dass der Bahnhof unter Auflagen gebaut wird, den akzeptieren sie nicht. Sie fordern, dass ihre Meinung respektiert wird, respektieren aber gleichzeitig nicht die Meinung der Befürworter. Etwas anderes, als einen Baustopp hätten sie nicht akzeptiert. Besonders demokratisch klingt das nicht. Wer sich für mehr plebiszitäre Elemente in der deutschen Demokratie einsetzt, der erhofft zunächst nur eins: das Durchsetzen des eigenen Willens. Eines der Grundprinzipien der Demokratie, den Interessenausgleich zu suchen und zu finden, soll übergangen werden. Ist es nicht schade, dass sich Grüne jetzt auf die Fahnen schreiben immernoch aggressiv gegen S21 demonstrieren zu müssen? Ist es nicht schade, dass sie nicht nachgeben wollen, dass sie die Stimmung letztlich nur parteipolitisch ausschlachten wollen? Die Grünen werden merken, dass sie in den selben Populismus verfallen, wie andere Parteien auch.
Stuttgart 21 (Plus) wird gebaut werden, unter Auflagen. Zu verdanken ist das dem Mann, der Yoda so ähnlich ist. Gesprochen, er hat.
her
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