Reflektionen aus einer reaktionär-digitalen Welt
Der weiße, ganz dünne Laptop, der mit dem angebissenen Apfel auf der Rückseite. Das f vom "Gefällt mir"-Button. Oder die bunten, täglich angepassten Buchstaben auf der Startseite. Sie alle sind Symbole für jeweils einen der drei größten Konzerne der digitalen Welt. Apple, Facebook und Google. Im Verhältnis zueinander sind sie Konkurrenten, riesig große Konkurrenten. Sie alle streben nach Macht, nach Herrschaft im Internet. Sie wollen nicht nur unser digitales Leben beherrschen, sondern auch dass unser analoges Leben immer digitaler wird. Und je digitaler es ist, desto mehr beherrschen sie uns.
Google nutzt jeder von uns, jeden Tag - ausnahmslos - so viel steht fest. Apple, nun ja, das iPhone findet reißenden Absatz, immer mehr haben irgendwelche Apple-Produkte. Und Facebook, 500 Millionen Mitglieder weltweit, von denen es immerhin 100 Millionen täglich nutzen. Doch wo steckt Sinn und Unsinn? Ist es verwerflich Apple-Produkte zu kaufen und zu benutzen, nur weil man der Versuchung nach Coolness, nach Eleganz, nach Stil unterlegen war? Was macht Google eigentlich mit den Daten, die es über uns sammelt? Kann man auf Dauer dem Druck von Facebook widerstehen ?
Auslöser ist natürlich die Ankündigung von Facebook-Mitbegründer Mark Zuckerberg, dass in Zukunft der normale User chatten, SMS verschicken und Emails schreiben kann. Alles was er vorher auch schon konnte, nur jetzt alles auf einmal. Ohne das Facebook-Imperium verlassen zu müssen. In einer Funktion alle non-verbalen Kommunikationswege des 21. Jahrhunderts zu vereinen - diese Idee schürt Hoffnungen und Ängste gleichermaßen. Und sie ist Ursprung für den nächsten Schritt in eine rein-digitale Welt. Aber wieso wird uns immer mehr das Gefühl vermittelt, nicht mehr auf die Produkte und Dienstleistungen dieser Unternehmen verzichten zu können? Eine erschreckend simple Antwort:
"Adressiert
werden zutiefst menschliche Bedürfnisse. Facebook setzt auf
Freundschaft, Apple auf Schönheit und Eleganz, Google - nahezu
bodenständig - setzt auf Orientierung, auf Suchen und Finden" (Süddeutsche
Zeitung, Bernd Graff). Ist es nicht schockierend, wie diese Konzerne unsere grundlegenden Instinkte ausnutzen ? Ist das überhaupt moralisch verwerflich? Oder völlig legitim in Zeiten des Mega-Kapitalismus'?
Der Deal, den wir abschließen, wenn wir eines der Produkte nutzen ist offensichtlich. Wir bekommen das Produkt, dürfen es nutzen, und der Konzern unsere Daten. Wer aufgepasst hat, sieht schnell auf irgendwelchen Internetseiten Werbeanzeigen von Dingen, die ihn interessieren, die er wahrscheinlich letztens erst gegooglet hat. Da sehen wir sie, unsere Daten. Auf irgendwelchen Werbeanzeigen.
Wenn wir uns ein iPhone kaufen, dann müssten wir uns eigentlich fragen, warum wir es kaufen. Ist es, weil wir es tatsächlich brauchen? Weil wir es nutzen möchten? Weil es uns das Leben erleichtert? Oder weil wir vielleicht auch ein gewisses Lebensgefühl, eine Lebensart ausdrücken möchten? Wer ein iPhone hat, möchte Stilbewusstsein zeigen. Wer ein Macbook hat, ebenfalls. Der Laptop wird zum Einrichtungsgegenstand. Er soll zeigen, wie elegant man ist, was für einen Sinn für Schönheit man doch hat. Die Ursprungsapple-Fans feierten das geniale System, das der Unangreifbarkeit, das "Alles-aus-einem-Guss". Aber jetzt ist die Apple-Welle fast ausschließlich auf Design gestützt.
Facebook hat es verstanden, den Leuten klar zu machen, dass man Facebook braucht, um Freundschaften zu pflegen. Wer mal eben unter einem Foto einen Kommentar postet, der bleibt im Gespräch. Der andere postet dann mal irgendwann zurück. Das Drücken auf den "Gefällt mir"-Button soll Gemeinsamkeiten zu den Facebook-Freunden aufzeigen. 34 Facebook-Freunden gefällt der gleiche Kartoffelsalat, wenn das kein Freundschaftsbeweis ist. Zufällig sieht man, dass der 493. Freund aus der Kontaktliste Geburtstag hat, für einen Post "Alles Gute!!! Feier schön & lass Dich reich beschenken!" reichts. Man schreibt sich ja nur das eine Mal - im Jahr. Facebook mag auch gute Seiten haben, den Kontakt zu tatsächlichen Freunden pflegen, die weit weg sind. Aber wenn der Kontakt zu Leuten, die nebenan wohnen oder am selben Ort arbeiten, nur noch per Facebook am Leben gehalten wird, dann hat Facebook einen neuen Freundschaftsbegriff definiert. Einen schwachen, unter den nicht mehr der freundliche Klopfer auf den Rücken fällt. Facebook birgt Gefahren, lauter Gefahren für das soziale Zusammenleben. Wer sich auf Facebook verlässt, muss Einsamkeiten fürchten.
Das kuriose an dieser Lust der Konzerne zur Herrschaft der digitalen Welt zu greifen, ist das es uns nicht stört. Wir machen ja mit, es ist nicht so, als dass wir nicht um die Gefahren wüssten, die die schwachen Datenschutzmöglichkeiten der Konzerne bieten. Wir willigen ja ein, geben unsere Daten freiwillig her. Da, nehmt sie. Ich brauch sie eh nicht mehr. Und das wahrlich obskure daran ist, dass wir dem Staat so etwas mühsam verboten haben. Denn es gibt Grundrechte, die uns davor schützen sollen, dass der Staat uns ausspäht. Jeder würde darauf pochen sie durchzusetzen, sollte der Staat es wagen unsere Emails zu lesen oder unsere persönlichen Daten zu speichern. Google, Facebook & Co. erlauben wir das. Einfach so.
Siehe auch: Real-Life oder Online? - Mein Block aus Oktober
Es wird weitergehen mit meiner Auseinandersetzung zu Facebook...
her
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