"Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt."
(Artikel 1 Abs.2 Grundgesetz)
Freitag, der 10. Dezember 2010: Alfred Nobels Todestag jährt sich zum 114. Mal. Zeit für die Übergabe des diesjährigen Friedensnobelpreises. Liu Xiaobo wird für seinen "langen und gewaltlosen Kampf für grundlegende Menschenrechte in China" geehrt. Er kann bei der Zeremonie im Rathaus Oslo nicht anwesend sein - er sitzt tausende Kilometer entfernt im Gefängnis. Auch seine Frau darf den Preis nicht entgegen nehmen, sie steht seit bekannt wurde, dass ihr Mann den Preis erhält unter Hausarrest. Es ist das erste Mal seit 1936 als die Nazis Carl von Ossietzky verbaten sich auf die Reise nach Oslo zu begeben, dass weder Preisträger noch einer seiner Angehörigen bei der feierlichen Übergabe dabei sind. Symbolisch legte Thorbjörn Jagland, der Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Medaille und Urkunde auf einen leeren Stuhl, der an die Abwesenheit Liu Xiaobos erinnern sollte. Schon im Vorfeld der Zeremonie übte die chinesische Regierung massivsten Druck aus. Die Mitglieder des Komitees haben sie als "Clowns" bezeichnet, die USA, die eine Resolution zu Gunsten Liu Xiaobos verabschiedet haben, nannten sie "arrogant und unverschämt". Gleichzeitig riefen sie sämtliche Botschafter aus allen Ländern auf, die Zeremonie zu boykottieren, wenn sie weiter an einem positiven Verhältnis zur Regierung in Peking interessiert seien. Auf ausländische Korrespondenten, die für ihre Heimatländer aus Peking berichten, übte die Chinesische Staatssicherheit ebenfalls erhebliche Drohungen aus: Wer positiv über Liu Xiaobo berichte, dem werde das Arbeitsvisum und damit die Aufenthaltsgenehmigung entzogen.
Die chinesische Regierung verfolgt ein unglaublich naives und paranoides Weltbild. Sie glaubt daran, dass der "Westen" China nicht den Wirtschaftserfolg gönnt und nur deshalb einen so "kriminellen Mann" wie Xiaobo mit dem Friedensnobelpreis auszeichne. Wir können von Glück reden, dass nur 15 Staaten neben China dem chinesischen Boykott-Aufruf gefolgt sind: Russland, Kasachstan, Tunesien, Saudi-Arabien, Pakistan, der Irak, Iran, Vietnam, Afghanistan, Venezuela, Ägypten, Sudan, Kuba und Marokko. Russland übrigens angeblich, weil der Botschafter auf Dienstreise sei. Fest steht, dass die Länder, die auf China hören es zu meist mit den Menschenrechten auch nicht so genau nehmen. Schlimm genug. Es sind eigentlich positive Signale, die von der Zeremonie ausgegangen sind: minutenlanger Beifall, volle Ränge, wichtige Staatsmänner, die durch ihre Anwesenheit Solidarität mit Liu bekannten, der leere Stuhl, die Aufforderung des Nobelkomitees Liu Xiaobo freizulassen. Der Friedensnobelpreis ist verdammt wichtig. Er macht uns aufmerksam auf das, was unsere Welt zusammenhält und unsere Demokratie von dem totalitären System in China unterscheidet. Es ist ein europäischer Fingerzeig, der aufstrebenden Wirtschaftsmacht China die Menschenrechte zu empfehlen. Doch genügt das?
Als Deutsches Volk haben wir uns den Menschrechten verpflichtet. Sie stehen zu oberst in dem Grundgesetz, das als Antwort auf jedes totalitäre System verstanden wird. Für unseren demokratischen freiheitlichen Staat sind Menschenrechte selbstverständlich. Die von Liu Xiaobo angeprangerte mangelnde Meinungsfreiheit in China, ist für uns normal. Dabei ist sie schlechthin konstituierend für eine Demokratie, für den Weltfrieden, für das Zusammenleben der Menschheit. Wir brauchen uns von niemandem mehr sagen lassen, dass wir Menschenrechte bräuchten. Das ist das positive an unserem Grundgesetz. Aber das ist nicht genug. Wir können uns nicht dahinstellen und sagen: "Ihr Chinesen habt keine Menschenrechte, das ist aber blöd von euch." Es ist ein Pakt mit dem Teufel, den wir eingehen. Angela Merkel reist mit dem Chinesischen Staatsoberhaupt durch die Gegend und schließt tausende Wirtschaftverträge ab. Ein Wort zu den Menschenrechten? Bloß nicht. Das könnte die Wirtschaftsbeziehungen gefährden. Klar, wir kommen zur Preisverleihung. Aber bloße Anwesenheit bei der Übergabe des Nobelpreises reicht nicht aus. Wir müssen Liu Xiaobo folgen in seinen friedlichen Kampf für Menschenrechte. Nicht die Chinesen sollten uns unter Druck setzen, wir sollten sie unter Druck setzen. Verträge gibt es erst, wenn ihr endlich Menschenrechte akzeptiert und einführt. Wir nehmen es doch billigend in Kauf, wenn wir zwar Chinesen unsere Wirtschaft anvertrauen, aber nicht unsere grundlegenden Werte. Wir tolerieren diese Gewaltherrschaft, diese chinesische Diktatur. Und das darf nicht sein. Unser oben zitiertes Grundgesetz verbietet es. Wir sollten den Nobelpreis als Anlass nehmen, den Chinesen weiterhin auf die Finger zu schauen, wir müssen sie immer wieder auffordern: Erklärt die Menschenrechte zu eurem Eigen!
Wirtschaft ja, Menschenrechte nein - das dürfen wir nicht mehr tolerieren. Gerade wir Deutsche müssten es als Pflicht ansehen unsere obersten Güter, die Menschenwürde, die Grundrechte und Menschenrechte immer wieder zu predigen und uns immer wieder neu denselben verpflichten.
Der Friedensnobelpreis an Liu Xiaobo ist immerhin ein Anfang. Respekt vor dem Mut Norwegens.
her
siehe auch:
http://her-meinblock.blogspot.com/2010/10/liu-xiaobo-friedensnobelpreistrager.html
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http://her-meinblock.blogspot.com/2010/10/liu-xiaobo-friedensnobelpreistrager.html
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