"Kommunismus ist eine im 19. Jh. entstandene, insbes. auf Karl Marx (Marxismus) und Friedrich Engels zurückgehende politische Bewegung. Philosophische Ausgangspunkte sind die beherrschende Rolle des Ökonomischen (der Produktionsverhältnisse; demgegenüber sind Verfassung, Recht, Religion usw. nur ideologischer Überbau), die dadurch bedingte Klassenstruktur der Gesellschaft und der dialektischen Entwicklungsgesetze. Ziel des K. ist die Diktatur des Proletariats und letzlich das Absterben des herkömmlichen Staates. Der K. gewann erstmals in der ehem. Sowjetunion größere staatliche Gestalt. Die ehem. kommunistischen Staaten Ost- und Südeuropas wiesen zwar gewisse Unterschiede auf, stimmten aber in Oragnisation und Zielsetzung weitgehend überein. [...] Das Staatsleben wurde vom Vorrang kollektiver Interessen gegenüber individuellen Freiheitsräumen i.S. westlicher Demokratien beherrscht. Die Wirtschaft war fast vollständig sozialisiert." (Creifelds)
Was das sollte? Wer über Kommunismus spricht, sollte zumindest eine Grundbasis an Halbwissen haben, die er publizieren kann. Es schadet nicht, sich einmal vor Augen zu führen, was Kommunismus eigentlich genau ist. "Kommunismus" ist häufig das Synonym für alle diejenigen, die Sozialdemokraten etwas böses wollen. Kommunismus wird als die dunkle Bedrohung dargestellt, die uns alle vernichten wird - und diese Bedrohung beschwören Linke angeblich herauf. Was für ein Unsinn, also zumindest der zweite Teil des Satzes.
Das gilt aber offensichtlich nicht für jeden. Hochinteressant ist nämlich ein Beitrag von Gesine Lötzsch, eine der beiden Parteivorsitzenden der Linkspartei. Diesen Beitrag publizierte sie am 3. Januar in der Jungen Welt. In dieser marxistischen Zeitung sprach sie aus Anlass der am 8. Januar stattfindenden "Rosa-Luxemburg-Konferenz" über "Wege zum Kommunismus". So schreibt sie unter anderem: "Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden,
wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der
Opposition oder in der Regierung." Das löst Verwirrung aus. Klar war bislang, dass die Linkspartei sich auf dem Spektrum der Parteien links befindet, wie der Name schon sagt. Dass sie sich allerdings so weit links befindet, dass sie schon beim Kommunismus ankommt, ist eine Neuigkeit. So geht aus dem Artikel hervor, dass sie Rosa Luxemburg verehre und sich den Kommunismus für Deutschland wünsche. Andere Interpretationsmöglichkeiten lässt der obige Satz kaum zu. Es geht noch weiter: "Angenommen, der Euro geht als Währung in den
nächsten zwei Jahren unter, die Europäische Union
zerbricht, die USA kommen nicht aus der Wirtschaftskrise und fallen
bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in die Hände
von radikal-fundamentalistischen Christen. Das Klima verändert
sich dramatisch, der Golfstrom kühlt ab, die
Flüchtlingsströme überrennen die 'Festung
Europa', und wir werden gefragt, ob wir für diesen
verworrenen Problemhaufen eine Lösung haben." Wer oder was ist hier "der verworrene Problemhaufen" von dem Lötzsch spricht? Die USA, die europäische Union oder Flüchtlinge? Was ist das für ein merkwürdiges Szenario, das die Parteichefin da herbeischwört? Wer aufrichtig für die europäische Union und ihr Fortbestehen kämpft, braucht sich nicht um die Zeit danach keine Sorgen machen. Sie wird fortbestehen. Es scheint, als nutze Lötzsch Horrorszenarien um ihr Ziel des Kommunismus verwirklichen zu können.
In der Bundesrepublik Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht alle kommunistischen Parteien für verfassungswidrig erklärt. Ihre Grundausrichtung sei nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar. Im Übrigen bedeutet das im Umkehrschluss keines Falls, dass der Kapitalismus fest im Grundgesetz verankert ist. Nur für den Kommunismus haben wir keinen Platz. Es erscheint absonderbar, dass Frau Lötzsch an dieser Stelle hingeht und erklärt, was man tun müsse um den Kommunismus einzuführen. Es ist nichtnur absonderbar, sondern völlig skurril.
Was daraus medientechnisch gemacht wird, ist allerdings ebenso skandalös. So will die FAZ aus dem Artikel von Lötzsch gelesen haben, dass sie zusammen mit der SPD die Herrschaft in Deutschland übernehmen wolle. Ihr Bericht sei ein weiterer Schritt zur Machteroberung, so ein offensichtlich verwirrter Journalist der FAZ. In die selbe Sparte haut natürlich auch die CSU. So fordert CSU-Generalsekretär Dobrindt ein Parteiverbot der Linkspartei, wohl bemerkt schlicht und ergreifend begründet mit diesem einen Satz von Lötzsch.
Erinnern wir uns kurz zurück. August, vielleicht schon September 2010. Thilo Sarrazin verkündet seine rassistischen Thesen in seinem Buch "Deutschland schafft sich ab". Sarrazin verbreitet als SPD-Mitglied rechtsradikales Gedankengut, das nicht mit der Verfassung zu vereinbaren ist. Will jemand die SPD verbieten? Nein, natürlich nicht. Alle rechten Dobrindts und Seehofers klopfen Sarrazin auf die Schulter. 'Fein gemacht.' Jetzt verkündet Lötzsch, dass sie überlegt wie man zum Kommunismus kommen könne. Auch der Kommunismus ist verfassungswidrig, mit dem Grundgesetz ebenso nicht vereinbar. Natürlich klopft ihr niemand auf die Schulter, wozu auch? Aber hier ein Parteiverbot zu fordern, ist ja geistloser als die Aussage selbst. Sonst hätte schon längst die CSU ihre Zeit hinter sich gehabt. Hätte jemand Seehofers Aussagen zu Integration alle aufgeschrieben und juristisch geprüft, wäre das sicher möglich gewesen. Auch Rüttgers hat mit seinen Rumänen-Thesen häufig die Wege der Verfassung verlassen. Auch die CDU besteht meines Wissens aber noch. Nur weil ein noch so geistloser Parteichef, in diesem Falle eine Parteichefin, auf gut Deutsch gesagt, nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, verbiete ich doch nicht gleich die ganze Partei. Wo kämen wir denn dahin, wenn Einzelmeinungen Grundsatzprogramme von Parteien aufheben könnten?
Ohne Frage, der Artikel von Lötzsch ist eine geistige Katastrophe. Eine besondere Enttäuschung ist das allerdings nicht, wer hätte denn von dieser Frau auch mehr erwartet? Der Kommunismus hat in der Bundesrepublik Deutschland keine Chance, das ist auch gut so. Frau Lötzsch wird das auch bald wieder einsehen, also Schwamm drüber. Und weiter machen. Aber ohne solche Absurditäten bitte.
her
Der Artikel von Lötzsch zum Nachlesen: http://www.jungewelt.de/2011/01-03/001.php
Der Artikel von Lötzsch zum Nachlesen: http://www.jungewelt.de/2011/01-03/001.php
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