Seiten

Guttenbergs Gedankenklau

Deutschlands Musterpolitiker Nummer 1, PoPo - der Populärste Politiker - Karl-Theodor zu Guttenberg, hat ein größeres Problem. Der Jurist und derzeitige Verteidigungsminister soll in seiner 2006 geschriebenen Dissertation - damals noch als einfacher Abgeordneter - einige Passagen von anderen Autoren übernommen zu haben, ohne sie als fremd zu kennzeichnen. Das nennt man dann "geistigen Diebstahl", oder auch Plagiat. Der Clou daran, Guttenberg wurde vom angesehenen Staatsrechtslehrer  Peter Häberle für seine Doktorarbeit mit der Bestnote summa cum laude ausgezeichnet. Jetzt, als ein Bremer Jurist eine Rezension zu Guttenbergs Arbeit schreiben wollte und dabei rein routinemäßig Plagiate ausschließen wollte, fand er heraus, dass Großteile der Einleitung von einem Beitrag der FAZ abgeschrieben wurde, in einem anderen Teil seitenweise ein Artikel der NZZ kopiert wurde und auch an diversen anderen Stellen von fremden Autoren abgeschrieben wurde. Sprich der Bremer Juraprofessor wandte sich an ein großes Medium, die Süddeutsche Zeitung, die die Anschludigungen dann öffentlich machte. Allein dieser Umstand, dass neben der FAZ die größte und angesehenste Tageszeitung ihren Namen für diesen Plagiatvorwurf hergibt, kann schon dafür sprechen, dass ebendieser nicht völlig "absurd" sei, wie zu Guttenberg mitteilen lies. 
Die Vorwürfe werden jetzt bei der zuständigen Bayreuther Universität unter dem zuständigen Doktorvater geprüft, heißt es. Ich frage mich, was da geprüft wird. Die Frage kann ja nur daraus bestehen Plagiat ja oder nein. Und diese Frage ist eine Entscheidungsfrage, sie ist nicht besonders schwer zu prüfen. Entweder hat zu Guttenberg fremdes Gedankengut als eigenes ausgegeben oder eben nicht. Das was ich in der Zeitung gesehen habe, sieht nicht so aus, als müsse noch viel geprüft werden. Für Studenten drohen bei Plagiaten hohe Strafen: Exmatrikulation, Geldbußen bis zu 50 000 Euro und natürlich die Aberkennung des entsprechenden Titels. Dass zu Guttenberg nach dem die Plagiatsvorwürfe bestätigt werden würden seinen Doktortitel abgeben werden muss, steht außer Frage. Lustvoll scheint jedoch der Gedanke über andere Konsequenzen für den Politiker KT nachzudenken. Rein neutral betrachtet gilt zwar immer noch in Deutschland die Unschuldsvermutung, in dubio pro reo, aber politisch ist diese Affäre doch eine besonders heikle. Denn auf dem Spiel steht etwas für Politiker besonders wertvolles: ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen, das die Menschen in sie haben. Denn wer bei der Doktorarbeit fremde Gedanken als eigene ausgibt und sich anschließend für diese Gedanken feiern lässt, der ist vielleicht noch zu ganz anderen Lügen bereit. Hat KT schon an anderer Stelle mal bewusst die Unwahrheit gesagt, um seinen guten Ruf zu stählern? Das wird zwangsläufig die Frage sein, die die Berliner Politikszene beschäftigen wird. Aber entscheidender ist, wie die Wähler auf die Vorwürfe reagieren. Verzeihen sie ihrem Monarchen alles oder ist das Kapital eines Barons nach Kundus, Gorch Fock, Bundeswehrreform und Plagiat auch irgendwann mal aufgebraucht? 

Nur weil Italiens Ministerpräsident in der Bunga Bunga - Affäre mit minderjährigen Prostituierten verkehrt und noch nicht mal das reicht, um Berlusconi zum Rücktritt zu bringen, bedeutet dass noch lange nicht, dass wir in Deutschland Diebe geistigen Eigentums an Ministerposten dulden müssen. Natürlich ist so eine Sache für die Opposition, für alle Missgönner und Feinde von zu Guttenberg ein gefundenes Fressen. Man braucht nicht mehr darauf warten, dass er einen politischen Fehler macht, den man ausschlachten kann, vielmehr liefert KT den Anlass zur Kritik regelmäßig selbst. Aber trotzdem, der Tatbestand für KT wird nicht dadurch schon besser, dass sich alle auf ihn stürzen und seinen Kopf fordern. Auch ein Karl Theodor zu Guttenberg muss sich an wissenschaftlichen Anforderungen messen lassen. Und wer andere um ihr Gedankengut betrügt, den Doktorvater um die Ehre, der sollte nicht länger das Volk repräsentieren dürfen. Wird der Vorwurf bestätigt, muss KT zurücktreten. Da führt dann kein Weg mehr dran vorbei. Es geht um verloren gegangenes Vertrauen, nicht darum dass er mir unliebsame Politik macht. Einen solchen Schritt würde ich auch von mir politisch näher stehenden Politikern fordern. 
Der hochgejubelte zukünftige Bundeskanzler und König von Deutschland, könnte über ein paar Zitate und Fußnoten stolpern. Wie heftig dann der Aufprall ist, bleibt noch abzuwarten. 

Neuesten Entwicklungen zufolge soll zu Guttenberg die Vorwürfe als abstrus zurückweisen. Stück für Stück werden aber immer mehr Passagen gefunden, die nicht von ihm ordnungsgemäß zitiert werden. Teilweise übernimmt KT seitenweise fremde Gedanken. In Angesicht der bedrückenden Beweislage ist es mehr als törricht zu leugnen geistigen Diebstahl begangen zu haben. Es gibt nur eine andere Möglichkeit: Guttenberg hat tatsächlich nicht den Fehler selbst gemacht. Denn nach neuen Erkenntnissen soll er die wissenschaftlichen Dienste des Bundestages mit Forschungsaufträgen zu seinem Thema bedacht haben, was aber nicht unüblich sein soll. Fragwürdig erscheint aber, ob KT die Arbeit überhaupt selbst angefertigt hat. Betrachtet man die Ämterfülle die er schon im Jahre 2006 inne hatte, würde es nicht verwundern, hätte er die 475 Seiten nicht selbst geschrieben. War ein Ghostwriter am Werk? Noch wissen wir nichts genaues, möglich erscheint nur dass nicht Guttenberg das Plagiat erstellt hat, sondern hat erstellen lassen und dabei selbst betrogen wurde. Ein Betrug im Betrug sozusagen. 

Wie auch immer, KT wird sich rechtfertigen müssen und zwar sehr bald, da hilft auch keine Flucht nach Afghanistan. Rücktrittsforderungen sind nicht absurd, sondern angebracht. Geistiger Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Erschütterung des Vertrauens. Zwar macht ihn das nicht zu einem schlechteren Politiker, aber zu einem schlechteren Menschen. Ein Student wird auch nicht dümmer, nur weil er ein Plagiat erstellt hat. Er wird aber trotzdem exmatrikuliert, schließlich hat er Unrecht begangen.


her

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen