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Parallelwelten

Schon die immer gleiche Leier "der Graben zwischen Politik und Volk muss sich wieder schließen", wird unerträglich. Dieses ständige Geheuchel der Politiker von einer "Politikverdrossenheit" ist genau das: Geheuchel. Denn Politikverdrossenheit ist ja eine Auswirkung, keine Ursache. Was auch immer das Interesse der Bürger von der Politik ablenkt, es muss bekämpft werden. Man könnte sagen das ist wie in einer Beziehung oder Freundschaft, in der sich zwei nahestehende Menschen auseinandergelebt haben. Der Bürger will nicht mehr, droht damit Schluß zu machen und der Politiker kann nicht mehr, weiß nicht mehr wie er noch an den Bürger ran kommt. Ein Bild, das sich in fast jedem politischen Interview, in fast jeder politischen Talkshow bestätigt. Die Generation der Politiker des Jahres 2011 versuchen dem Volk nach dem Mund zu reden. Da das Volk genau das aber durchschaut und nicht will, straft es die Politik ab. Das ist aber kein Freifahrtschein für den Bürger. Es gilt sich auch an die eigene Nase zu fassen: Was tue ich für dieses Land? Würde ich mir selbst Politik zutrauen? Muss ich mich nicht mehr informieren, um gezielter kritisieren oder mithelfen zu können? 


Es war eine Überschrift, die erst auf den zweiten Blick völlig paradox erscheint. "SPD droht mit Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen". Eine Drohung ist das Inaussichtstellen eines empfindlichen Übels. Die Frage ist, wem stellt die SPD welches empfindliche Übel in Aussicht? Dem Bürger, dass er schon wieder zur Wahlurne schreiten muss? Aber wozu? Was will die SPD denn von dem Bürger, damit sie von ihrer Drohung abrückt? Nein, so wird das nichts. Die SPD muss jemand anderen bedrohen. Auch aus dem Kontext ergibt sich, dass die SPD der Opposition, also CDU, FDP und Linkspartei mit Neuwahlen droht. Schlussfolgerung daraus ist, dass Wahlen für die Opposition ein empfindliches Übel sein müssten. Und schon sind wir wieder beim Thema. Wir sind inzwischen soweit gekommen, dass eine Regierung der Opposition schon mit Wahlen drohen kann. Mit der einzigen und wichtigsten demokratischen Legitimation, die ein Politiker jemals bekommen kann. Des Volkes Stimme steckt in den Wahlen. Und vor den Wahlen haben Politiker Angst. Eine erschütterliche Erkenntnis, so banal sie auch sein mag. Denn in dieser Furcht vor der Wahl steckt eine Sucht nach Macht. Zweifelsfrei brauchen Politiker eine gewisse Lust an Macht, sonst arbeiteten sie nicht mit der nötigen Leidenschaft. Aber die Lust an Macht muss durch den Willen zur Veränderung entstehen, nicht durch den Gehaltsscheck. Ein Politiker muss die Macht zwar mögen, sie aber zur Veränderung einsetzen wollen. Und er muss die Mut haben seine Änderungspläne dem Bürger zur Abstimmung vorzulegen. Ach was sage ich, Mut. Er muss es einfach, fertig. Im Gegenteil sollte es dem Politiker sogar eine Ehre sein, vom Bürger gewählt zu werden. Wird er doch nur so zum Politiker! 

Die NRW CDU tut im Moment so, als habe sie keine Angst. Sie fürchtet den Wähler nicht, sollte man meinen. Aber man kann den Menschen, auch Politiker sind Menschen (sic!), nur vor den Kopf gucken. Das Bild von "die da in Berlin" und "wir hier" trifft es leider ziemlich gut. Bürger und Politiker leben in Parallelwelten, deren Umlaufbahnen sich alle vier Jahre an der Wahlurne kreuzen. Wir Bürger müssen "den Politikern" noch klar machen, dass wir häufiger als in diesem Turnus gefragt werden wollen. Wir müssen wieder auf uns aufmerksam machen. Das setzt aber voraus, dass wir wissen wovon wir reden. Die Politiker werden Schritte auf die Bürger zu machen müssen, aber der Bürger muss auch Schritte auf die Politik zu machen. Er soll sich engagieren und mithelfen. Wer weiß, vielleicht können wir der Opposition in Nordrhein-Westfalen so ihre Angst vor uns Bürgern nehmen? 


her 

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