Einer repräsentativen Umfrage zur Folge freuen sich 63% der Männer auf die Fußballweltmeisterschaft der Frauen in Deutschland. Diese Zahl entspricht so wenig der Wirklichkeit, wie die Hoffnung es gebe ein zweites Sommermärchen. Die Frauen-WM beginnt heute, aber wirklich aufgedreht ist die Stimmung nicht. Wenn die Zeit da wäre, würde ich mir das Eröffnungsspiel angucken. Die Zeit ist aber nicht da, traurig bin ich deswegen nicht. Viel wurde im Vorfeld dieser Weltmeisterschaft geschrieben, viel wurde diskutiert. Dabei ging es von der Größe der Stadien, über Machos und Chauvis, Trikottausch, Playboy bis zur Bedeutung des Frauenfußballs generell. Nur eine Frage wurde nie thematisiert: Wie steht es um den Sport?
Berichte zur WM erschienen in den Zeitungen im Feuilleton, bei den Leitartikeln oder auf der Titelseite (ganz selten). Groß wurde alles dort in Frage gestellt, aber von Sport war da nie die Rede. Wo es doch eigentlich nur um Sport gehen sollte. Absurd, nicht wahr? Man stelle sich vor, im Vorfeld der WM 2006 hätte man angefangen so ziemlich alles und jeden in Frage zu stellen, hätte diskutiert, ob Männer das überhaupt dürfen, das Fußballspielen oder ob das jemand einschaltet. Nein, 2006 musste jeder gucken - im Rudel oder in Kleingruppen - ob er wollte oder nicht. Welche Spieler sollten Klinsmann/Löw nominieren, wurde gefragt, mit welcher Formation würden sie beginnen? Aber Thema war doch nicht die Farbe des Trikots oder die Marke der Unterwäsche. Das ist jetzt bei den Frauen ganz anders. Da habe ich keine sportliche Auseinandersetzung mitbekommen. Entweder liegt das daran, dass sich einfach niemand auskennt, dass es niemanden interessiert oder das deutsche Team einfach mit großem Abstand das beste ist.
Das Problem dabei ist: Frauenfußball ist eine Randsportart. Das ist keine Beleidigung oder etwas Herablassendes, sondern reine Tatsache. Frauenfußball steht auf einer Stufe mit Tischtennis, Volleyball oder Rollschuhlaufen. Rein quantitativ betrachtet, nicht qualitativ. Beim Rollschuhlaufen, Volleyball oder Synchronschwimmen hat sich noch niemand beschwert, nicht in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Oder sagen wir es so: Es wurde nie thematisiert und niemand hat sich je getraut zu sagen: "Das müssen wir aber gucken". Nein, die Sportler wissen, dass sie keine Weltstars sind und gut ist. Das mag man schade finden oder schön, es entspricht jedenfalls der Wahrheit. Bei der Randsportart Frauenfußball ist das widerrum anders. Hier wird man indirekt moralisch unter Druck gesetzt. Man muss das einfach einschalten. Und warum? Weil man ja auch Männerfußball guckt, heißt es dann.
Bei aller Liebe. Das ist nichts anderes als die Mitleidsnummer. Nie wollen die Spielerinnen mit den männlichen Kollegen verglichen werden. Aber wenn es um Einschaltquoten, um Gehälter, um Marktwerte - kurzum: ums Geld geht, dann sind Vergleiche nicht nur erlaubt, sondern auch geboten. Niemals dürfte man sagen, ein Bastian Schweinsteiger kann deutlich besser Fußball spielen als Inka Grings. Niemals! Sofort wäre man ein Macho oder Chauvi. Aber wenn in der Zeitung steht, dass Schweinsteiger über 30 Millionen Euro im Jahr verdient und Grings nur 170 000 Euro, dann ist das doch eine Schweinerei - im wahrsten Sinne des Wortes! Beim Thema Frauenfußball darf sich jeder mit so viel Heuchelei vollstopfen wie er lustig ist. Als hätte jemals eine Frau einen deutschen Herrennationalspieler im Handball bemitleidet, weil er nicht auf der Straße erkannt worden ist. Wieso sollten jetzt männliche Handballnationalspieler Mitleid mit den Fußballfrauen haben, die ein vielfaches ihrer Aufmerksamkeit bekommen?
Und letzten Endes ist es dann doch eine Frage des Sports. Die wenigsten Spiele werde ich einschalten, wenn überhaupt mal nebenbei laufen lassen. Und warum? Nicht, weil ich fände dass Frauen an den Herd sollten und das Fußballspiel meiden müssten. Sondern weil ich auch Rollhockey und Volleyball einfach sportlich uninteressant finde. Der Reiz fehlt, rein sportlich. Man hätte so viele gute Argumente bei der Hand, mit denen man klarstellen könnte, warum es nicht vorgeschrieben ist Frauenfußball zu gucken. Schade nur, dass dann solche Idioten wie Nico Rosberg kommen und auf die Frage, ob sie Frauenfußball guckten antworten: "Ja, man schaut ja auch schon mal Paralympics".
her
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