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Gesucht: ein Mensch

Nein, ausgelutscht ist das Thema nicht. Ganz gewiss nicht. Es ist von besonders hoher Bedeutung, zumindest für diejenigen, die der Politik noch nicht ganz abgeschworen haben. Nehmen wir beispielsweise eine Castingshow. "Germany's next Topmodel" drängt sich da gerade so schön auf. Zigtausende Mädchen und Frauen haben sich beworben, um vor Heidi Klum psychologischen Striptease zu betreiben. So gesehen ist es zwangsläufige Bedingung die Würde an der Tür abzugeben, um anschließend dann sich von den selbst ernannten Juroren die Würde wieder zuschreiben zu lassen. "Du bist so schön." "Du bist so toll." Solche Sätze kriegen die Kandidatinnen im fortgeschrittenen Sendungsverlauf zugedichtet. Ob man in dieser Sendung die Würde behalten kann, ist fragwürdig. Aber natürlich zu bejahen. Nur weil drei, mit Verlaub, Geier sie würdelos behandeln, heißt es ja nicht, dass sie würdelos sind. Doch wer ist sympathisch in solch einer Sendung? Wer kommt an beim Publikum, bei der werberelevanten Zielgruppe? 
Sind es diejenigen, die allen anderen ähneln? Die handeln, wie jeder andere auch handeln würde? Mitläufer, wie die meisten es selbst sind? Oder sind es die, die sich auszeichnen durch beeindruckende Aktionen, die nicht von jedermann erwartet würden? Leute, die herausstechen durch Intelligenz, Charisma, Charakter, Persönlichkeit. Wir lassen uns doch nur von Leuten begeistern und mitziehen, die es drauf haben und vielleicht Dinge vorgeben können. Menschen mit Vorbildcharakter. 
Im Umkehrschluss soll das aber nicht heißen, dass alle Gewinner von Castingshows wahre Helden sind. Nein, wahrlich nicht. Niemals kann man sich soweit aus dem Fenster lehnen und behaupten Pietro Lombardi sei jemand mit Vorbildcharakter. Oder das Model, Jana, das gewonnen hat bei der Modelsendung. Nein, es ist ein reichlich kurioser Umstand. Es gewinnen Leute bei den Sendungen, denen wir lediglich andichten sie seien toll. Wir interpretieren in sie hinein, dass sie jemand mit Vorbildcharakter wären. Vielleicht, weil wir gerne selbst so wären, vielleicht auch nicht. 
Der Punkt ist doch, dass wir Menschen uns nach Größen sehnen. Um Gottes Willen nicht nach Führern, davon haben wir genug. Aber nach starken Persönlichkeiten, die uns dann und wann den Weg weisen können. Oder an denen wir uns zumindest mal orientieren können. So Leute, die Charakter haben. Eine klare Meinung. Die Stellung beziehen, auch wenn's mal kritisch wird. Leute, die sich nicht schämen, wenn sie mal falsch liegen. Jetzt müsste der Beispielsatz folgen, also müsste ich ein Beispiel für eine solche Person nennen, doch das fällt mir schwer. Weil es kaum solcher Leute gibt. 
Wo könnte man denn suchen? In der Politik vielleicht? Was für eine Illusion. Die Politikergeneration ist ein Haufen voller Opportunisten. Nehmen wir Philipp Rösler. Der ist in der Lage jeder auf der Welt vertretene Meinung voller Überzeugung zu vertreten. Mal ist er zu einhundert Prozent für Atomkraft, mal zu einhundert Prozent gegen Atomkraft. Aber immer voller Überzeugung. Das ist wichtig. Rösler ist das beste Beispiel der aktuellen Politikergattung. Typ: Filialleiter. Die Bananen sind schön goldgelb, schmecken herrlich, aber die Birnen sind auch ziemlich lecker. Gefällt Ihnen beides nicht? Dann nehmen sie doch die Äpfel von gegenüber, die sind heute frisch gekommen. 
Geschniegelt und geleckt, der Filialleiter kann alles verkaufen. Mit voller Überzeugung. Eine eigene Überzeugung braucht er dazu nicht. Doch die bräuchte er, um sympathisch zu wirken. Um nicht als Mitläufer zu gelten. Um mit Vorbildcharakter hervorzutreten. Das gelingt ihm nicht, deswegen gelingt der FDP auch nichts. Aber diese Gattung gibt es in jeder Partei, vielleicht ist Angela Merkel sogar die erste. Die Vorreiterin in Sachen Opportunismus. Dann wäre es Zeit mit dem nächsten Kanzler wieder die Ära der Meinungsmacher einzuleiten. 

Möchte jemand freiwillig? Ich würde mich freuen.
her

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