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Wenn das Wülffchen dreimal klingelt

Von Henning Rasche 

Der Rubikon ist überschritten. Auf der Suche nach Wahrheiten in den Sätzen des Christian Wulff, ist es wohl dies die einzige von Gewissheit. Er hat es geschafft den desaströsen Auftritten des Karl-Theodor zu Guttenberg noch eins oben drauf zu setzen. Der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland hat sich durch sein Fernsehinterview gegenüber ARD und ZDF vom Grüßaugust zur schlechteren Schwiegermutter degradiert. Nach der schlechtesten Bundesregierung aller Zeiten, hat Deutschland nun auch den schlechtesten Bundespräsidenten aller Zeiten. Durch sein unprofessionelles Auftreten, dadurch, dass er sich weiterhin als Opfer einer Medienkampagne sieht, dass er auf Telenovela-Niveau seine Freundschaften verteidigt, dass er sich auf Rosamunde-Pilcher-vs-Traumschiff-Niveau "schützend" vor seine Familie zu stellen glaubte, dadurch, dass er schwammige Phrasen in der dritten Person schwadroniert, obwohl er sich selbst meint - genau dadurch hat Christian Wulff noch einmal eindrucksvoll bewiesen: dieser Mann kann es nicht. Er kann kein Bundespräsident, keinen Befreiungsschlag, keine Sympathie. Er ist, pardon, eine Witzfigur. 

Darf ein Bundespräsident auch Freunde haben? Gelten für einen Bundespräsidenten etwa die Menschenrechte nicht? Was sind wir nur alle für unwürdige Kreaturen, dass wir ihn, den großen Christian Wulff, mit solch profanen Fragen terrorisieren. Mein Gott, der Christian kennt den Egon schon seit dem 14. Lebensjahr. Da wird man sich doch wohl mal ne halbe Million für Freundschaftskonditionen leihen können? Solche Freunde hat doch jeder. Das ist Usus. Mensch, dass sich diese Journalisten erdreisten Fotos von ihm und seiner - im übrigen tatöwierten - Frau machen wollen! Und, dass die selben Journalisten "das Innerste nach Außen kehren wollen". Das ist unfassbar. Wo greift denn da das Persönlichkeitsrecht? 

Es ist peinlich in welcher Form sich Wulff der Öffentlichkeit präsentierte. Keine Frage. Doch schlimmer als eine Witzfigur als Präsident - Hand auf's Herz: wer kann Wulff als Präsidenten noch ernst nehmen? (Der mit dem Wulff tanzt, vielleicht) - ist zweifelsohne das, was Christian Wulff dem Amt hinterlässt. Er hat es aus der Distanz, dem Überparteilichen, rein geholt in den Käfig der Tagespolitik. In den Irrsinn der Berliner Platte. Bundespräsidenten waren stets große Männer von Format. Weit weg vom politischen Berlin - so jedenfalls schien es. Doch Wulff hat das Amt des Bundespräsidenten politisiert. Das kann man gut finden, sollte man aber besser nicht. 

Wulff hat sich hinter einem distanzierten "man" verschanzt. Dieses "man" ist sein Schutzschild, aber es offenbart: er (also "ich") identifiziert sich nicht mit dem Amt des Bundespräsidenten. Oder: er versucht sich auf billige Weise durch distanzierte Sprache vom Amt zu trennen. Die Fehler hat er gemacht, das Amt nicht. Letzteres ist wahrscheinlicher. Niemand spricht Christian Wulff das Recht auf Persönlichkeit, auf Freundschaft, auf Individualität und Intimität ab. Wozu auch? Sein selbst inszeniertes Staatstheater ist doch auf tragische Weise hoch vergnüglich. 

Christian Wulff hatte eine Chance. Die hatte er am 22. Dezember. Christian Wulff hatte eine zweite Chance. Die hatte er am gestrigen Mittwoch. Beide hat er vergeigt. Was soll ein Land wie Deutschland nun mit einem Präsidenten wie Wulff, der nicht versteht, wie sehr er das Amt durch sein Handeln zerstört? Die Zerstörung liegt in der Politisierung. Der Nachfolger Wulffs, wann immer er kommen mag, wird es sehr schwer haben, es wieder zu entpolitisieren. Zu vermenschlichen. Der vermeintliche Politprofi Wulff wird dies nicht schaffen. Er wird nach fünf Jahren nicht beweisen können, dass er ein guter Präsident war. Möglicherweise wird er für selbige Beweislast auch nur noch wenige Tage haben. Denn nach diesem verkorksten Befreiungsschlag ist das Thema Rücktritt keinesfalls erledigt. Im Gegenteil: es ist präsenter denn je. 

Merkel machte ihn zum Präsidenten - nun ist es ihre Aufgabe ihm zu sagen, dass sie sich geirrt hat. Sie muss ihn treffen und sagen: "Herr Wulff, Sie sind der falsche für dieses Amt."

1 Kommentar:

  1. Hätt ich zwar nicht so schön schreiben können, aber du triffst den Nagel auf eine amüsante Art und Weise auf den Kopf.

    Gruß Stefan

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