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Des Schlechten zuviel

Von Henning Rasche

Schon im nächsten Jahr wird der neue 18. Deutsche Bundestag gewählt. Welch ein beruhigendes Gefühl, dass in diesen Tagen so festhalten zu können. Die Regierungskoalition aus Union und FDP ist ihre eigene Karikatur. Die "Zeit" nannte das Regierungssystem Merkel II eine "Minderheitsregierung der CDU mit wechselnden Mehrheiten" - welch treffende Bezeichnung! Es ist wenig gelungen, noch weniger gelang es der Regierung nur ihre schwachen Ergebnisse öffentlichkeitswirksam darzustellen. Und so ist es kein Wunder, dass auch das Personal von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen taumelt. Ein Regierungsmitglied nach dem anderen musste den Hut nehmen, den Posten wechseln und sich eine andere Zukunft suchen. Jüngstes Opfer der Reihe "Pleiten, Pech und Pannen" ist der ehemalige FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Und, so scheint es, der nächste Kandidat steht schon  in den Reihen der CDU bereit. Es ist niemand geringeres als der Bundespräsident höchstpersönlich: Christian Wulff. 


Immer wenn man denken könnte, die Affäre Wulff neigt sich dem Ende zu, es könne nichts mehr neues kommen, bringt eine Zeitung eine neue negative Schlagzeile über den Bundespräsidenten. Nach ziemlich verwurschtelten Kreditvergaben mit Freunden, Unternehmern, Ehefrauen, einem dubiosen Hauskauf, seltsamen Vergünstigungen und Verbindungen zu zwielichtigen Gestalten, soll Bundespräsident Wulff nun auch Journalisten der "Bild"-Zeitung gedroht haben. Kurz bevor eben diese, nicht für ihre seriöse Berichterstattung bekannte Zeitung, den ersten Bericht über den Privatkredit veröffentlichen wollte, rief Wulff zuerst den Chefredakteur des Blattes und später auch den Vorstandsvorsitzenden des Springer-Verlages an, um sie dazu zu bringen, von der Berichterstattung Abstand zu nehmen. Dabei soll er dem Verlag mit einer Strafanzeige für den Fall gedroht haben, dass die Recherchen um seinen Hauskredit veröffentlicht würden. Wie an den Berichten der "Bild"-Zeitung zu erkennen ist, ging seine Drohung ins Leere: die Story wurde gedruckt. 

Nun wirkt es als wiederhole sich Geschichte. Noch nicht einmal ein Jahr ist es her, als Karl-Theodor zu Guttenberg von seinen Ämtern zurücktrat. Er musste auch gehen, weil er eine falsche Taktik verfolgte: die Salami-Taktik. Guttenberg machte den kapitalen Fehler immer genau so viel zuzugeben, wie der Öffentlichkeit ohnehin gerade bekannt war. Er muss die Journalisten dieses Landes für unfähig gehalten haben, sonst wäre ihm klar gewesen, dass in Sachen Doktortitel weiter recherchiert würde. Was den Bundespräsidenten Wulff nun bewegte, sich der selben schlechten Taktik anzunehmen, ist nicht klar. Fest steht nur, dass das Bundespräsidialamt katastrophale Krisenmanager haben muss, die nicht einmal in der Lage sind, ein Affärchen mit merkwürdigen Krediten wieder gerade zu bügeln. 


Doch allein auf die schlechte Öffentlichkeitsarbeit des Hauses Wulff kommt es nicht an. Denn die Fehler, die hat ein anderer gemacht: der Chef persönlich. Er war es, der sich auf Kredite eingelassen hat. Er war es, der Vergünstigungen angenommen hat. Er war es, der dem niedersächsischen Landtag nicht die Wahrheit gesagt hat. Und er war es nun auch persönlich, der bei der "Bild"-Zeitung angerufen hat. Schlußendlich kann es nicht mehr um die Frage gehen, ob Christian Wulff zurücktritt, sondern nur noch darum, wann er es tut und ob vorher noch mehr bekannt wird. Nach Wulffs Erklärung vor der Presse am 22. Dezember beruhigte sich die Lage zunächst; es schien, als sei der Rücktritt überflüssig geworden. Nun, am 3. Januar, hat sich die Situation zugespitzt. Vermutlich wird sich der Bundespräsident nicht mehr lange halten können. 

Gerade in der Erklärung am 22. Dezember betonte Christian Wulff seine Wertschätzung gegenüber der Pressefreiheit. Angesichts der telefonischen Drohung gegenüber Journalisten darf die Frage erlaubt sein, wie oft ein Bundespräsident das Volk anlügen darf. Das Amt des Bundespräsidenten würde durch einen neuerlichen Rücktritt nicht beschädigt; eine Staatskrise gar ist ausgeschlossen. Im Gegenteil: das Amt würde durch einen so schlechten Präsidenten wie Wulff es ist, nur weiter angegriffen. Das einzige, das Wulff den Deutschen bieten konnte war die Erkenntnis, dass der Islam ein Teil von Deutschland ist. Herzlichen Glückwunsch. Bleibt nur noch zu hoffen, dass der nächste Bundespräsident einer von Format wird. Die Bundeskanzlerin jedenfalls, hat mit ihrem zweiten Kandidaten Wulff - nach Köhler - gezeigt, dass sie kein Händchen dafür hat. Die Bundesversammlung darf sich schon mal formieren.

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