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Für's Erste okay

Von Henning Rasche 

Sehnsüchtig hatten die Medien darauf gewartet. Vermutlich wesentlich sehnsüchtiger, als die knapp über 5 Millionen Fernsehzuschauer, die am Sonntagabend "Günther Jauch" sahen. Denn was sollte schon bahnbrechendes geschehen? Sollte Jauch auf einmal Antworten auf lang unbeantwortete Fragen bringen? Sollte er die Talkrunden der ARD zu neuem Leben erwecken? Was auch immer man von Jauch erwartet - es ist immer eine ganze Menge. Und so war es schon vor Sendungsbeginn klar, wie die Rezensionen am Montagmorgen aussehen würden. Zuallererst: schlecht. Das hat zahlreiche Gründe, der schwerwiegendste dürfte wohl sein, dass man Mitleid mit Anne Will hat, die von Jauch vertrieben wurde. Günther Jauch - dem fast alles gelingt, was er in die Hand nimmt. Da muss man doch als Medium mal die Chance ergreifen und reinhauen, wenn etwas vermeintlich misslingt. 

Doch von misslingen kann eigentlich keine Rede sein. "Günther Jauch" war eine andere Sendung. Dieser klassische Einheitsbrei aus Arnulf Baring, Alice Schwarzer und Karl Lauterbach fehlte. Stattdessen mit Jürgen Klinsmann mal ein frisches, unverbrauchtes Gesicht in einer Talksendung. Klinsmann sprach zwar ähnlich wie manch einer vom 2. Weltkrieg berichten würde ("Der Russe stand vor der Tür") - Klinsmann sagte immer "der Amerikaner", aber inhaltlich war daran nichts auszusetzen. Günther Jauch war sichtlich nervös, er hielt die Karteikarten enorm fest und hielt die Konzentration bewusst sehr hoch. In seinem ersten Interview mit der "Dust Lady" wirkte er zugegeben etwas ungelenk. So ist es bei Jauch auffällig, dass er selten auf die Antwort des Gastes eingeht. Er stellt eine Frage, hört die Antwort und macht dann: "Mhm." Nächste Frage. 

Das Thema 9/11 ist nach zehn Jahren der Berichterstattung am erneuten Jahrestag der Katastrophe ein sichtlich undankbares. Nichts konnte mehr hinzugefügt werden, was nicht schon in der Zeitung gestanden hätte, was man nicht in irgendeiner Doku aufgeschnappt hätte. So lief die Diskussion, allerdings bewusst von Herrn Jauch geleitet, auf die Frage hinaus ob der Afghanistan-Krieg richtig war oder nicht. Spannende Frage, allerdings offensichtliche Antwort. 

Die Sendung verfiel nicht in den üblichen Schrei-Ton, den man aus "Anne Will" kennt, wenn Baring und Schwarzer sich anbrüllen. Und genau das, was die Medien sonst an "Anne Will" kritisierten, das vermissten sie dann bei Jauch. Völlig absurd, aber so ist es nun mal. Es herrschte eine gediegene Atmosphäre, erstaunlich ruhig war es. Das beschreiben die Medien dann als langweilig oder trocken, doch man könnte es auch als dem Anlass angemessen bezeichnen. Wer boxt sich denn gerne öffentlich bei solch einem heiklen und für alle katastrophalen Thema? 

Und so ist der Erkenntnisgewinn aus der Sendung an sich nicht groß. Die Zukunft der Sendung besteht jedenfalls zweifellos. Jauch macht sein Ding und am Ende hat er eh alle auf seiner Seite. Das war schon immer so. Günther Jauch.  

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