Warum die SPD mehr tun muss, als eine Kandidatendebatte vor sich hin zu tragen.
Von Henning Rasche.
Eine schillerne Glanzfigur kann eine ganze Partei zum strahlen bringen - eine ungeliebte, trostlose Figur kann eine ganze Partei in den Abgrund stürzen. Soweit die praktischen Erfahrungen. Doch neben solch offensichtlichen Fällen bietet die Politik auch eine Menge an Unsicherheiten. Angela Merkel, zum Beispiel. Sie ist derzeit weder eine Ikone, noch die blöde Kuh. Klar, es gibt reichlich Kritiker. Aber die Kritik an ihr bleibt immer kurz vor der Derbheit stehen. Und so ist Merkels Auswirkung auf die CDU unberechenbar. Machen die CDU-Wähler tatsächlich ihr Kreuz bei der CDU, weil sie die Grundpositionen so überzeugend finden, sofern es diese noch gibt? Oder überzeugt sie doch Merkel? Oder ist Merkel der Grund eine andere Partei zu wählen? Oder gar nicht zu wählen? Man weiß nur: Guido Westerwelle ist der Grund, warum kaum jemand noch FDP wählt.
Doch was hat das alles mit der SPD zu tun? Ganz einfach: seitdem Sigmar Gabriel 2009 Parteivorsitzender wurde, hat es die Partei in den Umfragen von 23 auf 25 Prozent geschafft. Das ist eine Bilanz, die ihren Namen nicht verdient. Der SPD ist es in den zwei Jahren weder gelungen sich personell, noch inhaltlich neu aufzustellen. Die große Parteireform, die angekündigt wurde, wird bestimmt bald mal in Zukunft durchgesetzt werden. Und die Erneuerungen? So, dass sie den alteingesessenen Funktionären nur nicht zur Bedrohung werden können. Öffnung zu den Mitgliedern, ja. Aber das wirklich wichtige, dass machen doch noch lieber die da, in Berlin.
Nun, wo jetzt Überlegungen im Raume stehen, wie sich Spitzenkandidaten auf die Umfragewerte ihrer Partei auswirken, so sei gesagt, die SPD hat noch gar keinen Spitzenkandidaten. Man mag der Meinung sein, dass es zu früh wäre zwei Jahre vor einer Bundestagswahl einen Kandidaten zu bennenen. Doch de facto ist der Kanzlerkandidat schon bekannt. Es müsste nur noch ausgesprochen werden. Und das würde der Partei vermutlich schon in den Umfragen helfen. Kürt sie den vergötterten Peer Steinbrück zu ihrem Kanzlerkandidaten, so hat er genug Glanz, die Partei in den Umfragen vorläufig weiter nach oben zu ziehen. Es würde ausreichen, um vorrübergehend zuzulegen, mit Sicherheit auch an die magische 30-Prozentmarke heranzutreten. Peer Steinbrück ist, seitdem er Finanzminister in der großen Koalition und guter Freund von Helmut Schmidt war, eine Politikertyp, der Sehnsüchte weckt. Sehnsüchte nach klarer Kante, Geradlinigkeit, Ehrlichkeit, Führung und vor allem: Fachkompetenz in der Finanzwelt. Steinbrück, so ist es vermutlich, ist der einzige in der SPD, der es schaffen könnte, seine Partei in die Regierung zu bringen. Ein Sigmar Gabriel schillert zu wenig, ein Frank-Walter Steinmeier hat in dieser Frage bereits versagt.
Doch, wenn die Partei das tut was sie vorhat, nämlich noch rund anderthalb Jahre zu warten, bis sie den Kandidaten bekannt gibt, dann könnte es immer mehr Querelen geben. Eine Andrea Nahles, die Klaus Wowereit zum Kanzler machen möchte, zählt dabei eher zu den geringeren Übeln. Denn jedes einzelne Wort des ungekürten Spitzenkandidaten wird ab jetzt auf die Goldwaage gelegt. Steinbrück dürfte auf Schritt und Tritt verfolgt und beobachtet werden. Sein Handeln gilt als das Handeln eines Kanzlerkandidaten. Der SPD kann und darf es aber nicht reichen, die Medien nur mit der Personalie Steinbrück zu füttern. Zwei Jahre lang dürfte das allmählich zum zähen Brot werden und sollte bekannt sein, dass Steinbrück es macht, muss auch klar werden, was Steinbrück vorhat. Was sind die Antworten der SPD auf die drängenden Fragen in der Welt? Ursula von der Leyen sieht die Vereinigten Staaten von Europa als ihre Vision an. Immerhin, sie hat eine. Der SPD würde es nicht schaden, wenn sie schon jetzt ein gut durchdachtes Konzept offen legen würde. Wie geht es weiter mit Europa, wie mit dem Kapitalismus, was tun wir für ein gerechteres und leichteres Steuersystem, wie garantieren wir dem kleinen Mann, dass er nicht auf der Strecke bleibt und ein wichtiges Glied unserer Gesellschaft ist? Die SPD, eine Partei, die jedwedes Potential hat, sie müsste mehr tun als Personaldebatten zu führen. Das sollte ihr doch eigentlich nicht schwer fallen, mit so viel Kompetenz in den eigenen Reihen. Es wird Zeit.
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