Von Henning Rasche
Es ist wohl dies ein Beispiel für die Geschmacklosigkeit einer plumpen Inszenierung, die ihres Gleichen sucht. Karl-Theodor zu Guttenberg, der statt 2 Pfund nur noch ein Pfund Haargel nutzt, sich die Brille von der Nase setzt und mit geöffnetem Kragen ohne Anzug auf dem Foto der ZEIT in die Ferne blickt, ist, das muss man ihm lassen, ein ,wenngleich wenig erfolgreicher, Dramaturg. Erst etwa acht Monate ist es her, dass der damalige Verteidigungsminister seinen Rücktritt erklärte. Diese nun sehr kurze Zeit scheint ihm bereits ausgereicht zu haben, um über seine Fehler nachzudenken. Er plant seine Rückkehr, in welcher Form auch immer. Die mediale Bühne in Deutschland, die jedenfalls ist ihm jetzt, nach dem beispiellosen Interview mit der ZEIT sicher. Über eine Qualitätszeitung, die die Grenzen des Anstandes und des guten Geschmacks überschritt und über einen Mann, der nicht hinzu gelernt hat.
An dieser Vorgehensweise ist so vieles so unerträglich, dass es schwer fällt, die entsprechenden Worte entgegenzuhalten. Es beschämt mich zu tiefst, dass die sonst so ehrhafte Wochenzeitung ZEIT einem Mann, den ich einen Betrüger nennen möchte, ein solches Podium, eine solche Plattform, ja, eine solche Gelegenheit zur Werbung in eigener Sache bietet. Zu den Werten, die diese Zeitung bisher immer hoch hielt, gehört vor allem eines: Ehrlichkeit. Wo auch immer ein Journalist Unrecht erkennt, so deckt er es auf. Das ist auch gut so, auch dafür ist der Journalismus da. Was aber wenn sich eine Zeitung, nein, nicht eine Zeitung, sondern die Zeitung, die doch vor allem Gebildete und Akademiker als Leser hat, so zu einer Banderole für Lügen und Geschmacklosigkeiten herabwürdigen lässt, nur um die Auflage zu erhöhen? Es ist wohl kein Zufall, dass außerhalb des Interviews sich kein weiterer Text mit dem Thema befasst. Aber auch daraus lässt sich natürlich eine Stellungnahme dieser Zeitung entnehmen. Sie, oder zumindest der Chefredakteur, steht hinter zu Guttenberg. Die ZEIT bietet sich als Sprungbrett für Guttenbergs zweite Chance an.
Giovanni di Lorenzo stellt Guttenberg in dem Interview Fragen, die zum Teil kritisch, zum Teil aber auch nicht kritisch genug sind. Und so sorgt er mit dafür, dass Karl-Theodor zu Guttenberg, der einst auszog, um die Politik zu reformieren, um sich als den Anti-Politiker zu inszenieren, der sich gönnerhaft vor Manhattan fotografieren hat lassen, der nichts weiter ist als ein Blender, der noch nicht einmal eine Wehrreform auf die Reihe gekriegt hat, seine Lügen vom Februar 2011 weiter verbreiten kann. Eine Schande für einen Journalisten, der zu den besten seiner Zunft zählt. Chefredakteur der ZEIT zu sein, heißt aber auch, eine Verantwortung zu haben.
Das Interview an sich ist erschreckend. Erschreckend flach. Di Lorenzo lässt Guttenberg so viel Platz seine fadenscheinigen Erklärungen vorzubringen, wie es nur eben möglich ist. Wer GuttenPlagWiki besucht hat, wer Zeitung gelesen hat (vielleicht auch ein anderes Blatt als die ZEIT), wer sich in den sonstigen Medien informiert hat, der weiß, dass Guttenberg so viel abgeschrieben hat, wie es nur eben geht. Das Inhaltsverzeichnis ist wohl das einzige, was sicher aus seiner Feder stammt. Eine solche Vielzahl von Plagiaten ist "aus Versehen", oder weil man ein wenig unüberlegt gearbeitet hat oder überfordert war, nicht zu rechtfertigen. Dieses Urteil wurde von sämtlichen ermittelnden Stellen bestätigt. Guttenberg hat bewusst in seiner Arbeit getäuscht. Doch das will er nicht einsehen. Das Interview hat ihm die Chance geboten Reue zu zeigen, sich eine Schuld einzugestehen, die jedermann offensichtlich ist. Nur ihm selbst bleibt diese Schuld verborgen.
Nicht einmal das Wort "Plagiat" lässt Guttenberg für seine Antwort gelten, was wohl schon das Ausmaß des Realitätsverlustes des ehemaligen Ministers aufzeigt. Es sei kein Plagiat, weil "ich habe nicht einfach das ganze Buch eines anderen abgeschrieben und zu meinem Buch erklärt." Entweder ist dieser Mann extrem naiv und glaubt, dass der Öffentlichkeit dieser Selbstbetrug verborgen bleibt oder aber er ist sehr unkritisch mit sich selbst, wenn nicht arrogant, dass er sich dieses Plagiat nicht eingestehen kann. Guttenberg erzählt denselben Unsinn, den er schon vor Monaten zum besten gab. Dabei hätte er soviel Zeit gehabt, sich etwas besseres, etwas glaubwürdigeres einfallen zu lassen. Diese Chance hat er vertan.
Auch ich glaube nicht, dass ein Mann, der bei seiner Doktorarbeit betrogen hat, für immer aus der Öffentlichkeit verschwinden muss. Auch ich befinde, was selbstverständlich ist, dass Karl-Theodor zu Guttenberg eine zweite Chance haben müsste. Die viel größere Frage aber ist, ob er diese zweite Chance nicht durch sein unglaubwürdiges, durch mangelndes Unrechtsbewusstsein geprägtes Verhalten schon verspielt. Da vertraue ich ganz auf die Gewissenhaftigkeit der Menschen. Denn die Wähler können einen Fehler sicher verzeihen. Wenn aber einer glaubt, er könne einfach seinen Betrug fortführen, dann dürfte es schwierig werden, den Weg zurück in die Politik zu finden. Denn ob das jemand schafft, entscheidet, zum Glück, am Ende immer noch der Souverän. Das Volk.
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