Außer
der CSU braucht diese Maut niemand. Sie ist antieuropäisch, kompliziert,
rechtswidrig - und vor allem erfüllt sie den Zweck einer Maut nicht. Sie ist
verkehrspolitischer Unsinn. Von Henning
Rasche
Jetzt,
wo die Maut schon im Koalitionsvertrag stand, hätte sie eine große Chance sein
können. Alexander Dobrindt, der CSU-Minister für Verkehr und digitale
Infrastruktur hätte sich mit einem genialen Konzept eine Krone
aufsetzen können. Doch die Diskussion um die Maut war in den vergangenen
Monaten vor allem auf die Frage der Machbarkeit reduziert. Wie kann ein Konzept
aussehen, dass den Vorgaben im Koalitionsvertrag und gleichzeitig
europarechtlich zulässig ist – das war einziger Ausgangspunkt in Politik und
Medien. Schade, denn nun ist Dobrindts Konzept reichlich mau.
Da
geht es zunächst natürlich um die rechtliche Frage. Die taz schrieb, europarechtliche Zweifel an der Maut von Dobrindt
seien Quatsch, es müsse schon Diskriminierung dran stehen, damit es eine
Diskriminierung ist. Was natürlich Quatsch ist. Es sei bloß an das deutsche
Reinheitsgebot erinnert, dass nie als Diskriminierung auch nur entfernt galt
und trotzdem vor dem EuGH als solche gewertet wurde. Das alleinige Ziel der
Dobrindtschen Maut ist die Diskriminierung; sie ist mittelbar, mithin faktisch
ausschließlich darauf ausgerichtet, Ausländer zu benachteiligen. Da die deutschen PKW-Halter keinen Cent mehr bezahlen, sondern nur
ausländische PKW-Halter neu zahlen, ist die Maut europarechtswidrig. Das wird
der EuGH sicherlich auch noch bei Zeiten mitteilen, wenn es schon nicht der
seltsame Verkehrskommissar der EU tut.
Und
selbst wenn man solche rechtlichen Zweifel ignorieren mag, so verstößt die Maut
doch gegen den europäischen Freiheitsgedanken. Die Maut schränkt die Verkehrsfreiheit
ein, sie lastet den europäischen Nachbarn eine Bürde auf. Das alles wäre in
Ordnung, wenn die Maut wie in Österreich oder der Schweiz von allen gezahlt
würde. Dann würde es sich bei der Maut um eine gewöhnliche Maut handeln – nicht
der Rede wert. Da aber das einzig neue an der sogenannten Maut ist, dass
Ausländer Geld dafür zahlen sollen, auf deutschen Straßen zu fahren, ist sie
antieuropäisch, fast nationalistisch.
Gesetze
haben leider manchmal keinen erkennbaren Sinn. Das trifft auch auf die Maut zu. Der
deutsche Verkehrsminister hätte beispielsweise eine Maut einführen können, die
das Autofahren in Deutschland für Deutsche noch teurer machen würde. Das fänden
zwar viele Leute nicht gut, würde aber den Straßen und der Umwelt helfen. Eine Maut
kann ein sinnvolles verkehrspolitisches Instrument sein, den Verkehr zu lenken.
Würde die Regierung das Autofahren durch die erhöhte Abgabe unattraktiver
machen, aber gleichzeitig zwingend (sic!) den öffentlichen Personennahverkehr
ausbauen, entstünden weniger Staus und die Umwelt wäre entlastet. Dass der
Verkehr auf den Straßen zunimmt und diese dadurch verstopfen, ist offenkundig.
Hier müsste dringend entgegengesteuert werden.
Es
sei beispielhaft das ÖPNV-Netz Berlins genannt. In dieser Stadt braucht keiner
ein Auto, weil alle fünf Minuten U- oder S- oder Straßenbahn kommt. Auch Busse
gibt es zur Genüge. In weiten Teilen des Landes sieht das aber anders aus. Im
Ruhrgebiet kommt der Pendler zwar zügig von Duisburg nach Düsseldorf oder Köln
oder von Essen nach Dortmund, aber ab den Hauptbahnhöfen geht es oft nicht mehr
so richtig weiter. Bessere Takte, neue Strecken – das wäre notwendig. Um sich
nicht den Vorwurf der Abzockerei einzuhandeln, könnte die Bahn nach gefühlt
hundert Jahren mal die Preise senken, anstatt sie zu erhöhen. Dazu müsste aber
eventuell das Bundesfinanzministerium auf eine kräftige Dividende im
dreistelligen Millionenbereich aus der Konzernzentrale verzichten.
Die
Maut lenkt nicht, sie wird den Zustand der Straßen und der Umwelt nicht
verbessern. Es wird keinen Stau und kein Schlagloch weniger geben. Sie verfolgt
schon überhaupt keinen legitimen Zweck, sie ist nicht nur unsinnig und
überflüssig, sie ist auch antieuropäisch und rechtswidrig.
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